Ein Nachruf von Markus Hofmann, CSP
Was für ein Mensch, was für ein großartiger Mensch, um den wir trauern. Rüdiger Nehberg, Mister Sir Vival, Freund, Weltverbesserer und vor allem bis zur letzten Sekunde ein Mensch, der sich für andere Menschen, die Schwachen, die Kinder, die keine Stimme auf diesem Planeten hatten, eingesetzt hat wie kein Zweiter, ist tot.
Er hat mit seinen Taten und seinem Engagement die Welt bewegt. Er hat eine Weltreligion in einer Sichtweise um nicht weniger als 180 Grad gedreht. Er hat es geschafft, gemeinsam mit dem Islam die weibliche Genitalverstümmelung als Sünde zu brandmarken. Damit hat er Hunderttausenden von Mädchen und Frauen einen langen, schmerzhaften Leidensweg erspart.
Diejenigen, die Rüdiger kannten, wissen, dass er kein Kind von Traurigkeit war. Ihm saß immer der Schalk im Nacken. Er hat immer das Leben leicht gesehen. Und wenn es mal nicht leicht war, dann hat er es leicht gemacht. Mit seinen unzähligen Abenteuern, die er durchlebt hat, ist es sowieso unglaublich, dass er 84 Jahre alt geworden ist. Das kann er selbst wahrscheinlich gar nicht fassen, oder Rüdiger? Deswegen möchte er auch keine Trauerfeier, er möchte keine Traueranzeige. Er hat mir einmal gesagt: „Markus, wenn es mit mir einmal dahin geht, dann denk an folgenden Spruch: „Leuchtende Tage. Nicht weinen, dass sie vorüber. Lächeln, dass sie gewesen.“
Und genau so dürfen wir diesen unglaublichen Menschen in Erinnerung behalten. Ein lebensbejahender, humorvoller, sich selbst aufopfernder Mensch, der eine Delle in unser Universum geschlagen hat.
Die Yanomami-Indianer, die er nach jahrelangem Kampf durch seine spektakulären Aktionen gerettet hat, haben damals sein Leben verändert. Das war die Stunde, als aus dem Abenteurer der Aktivist und Menschenrechtler Rüdiger Nehberg wurde. Er tauschte Torten gegen Tortouren und gründete mit seiner Frau Annette die Menschrechtsorganisation TARGET. DAS ist sein Vermächtnis! Seine Energie lebt hier weiter. Unterstützt jetzt um so mehr diese Organisation, die seine Taten und seine Gedanken weiter leben lassen.
Er hat uns gezeigt, dass auch ein einfacher Mensch – ein Brötchenbäcker aus Hamburg – in der Lage ist, die Welt zu verändern, wenn man nur eine starke Vision hat, an die man glaubt. Er hatte immer diesen starken Fokus. Und bis zum Schluss auch das klare Ziel vor Augen, die weibliche Genitalverstümmelung auszurotten. Er hat die mentalen Berge und Glaubenssätze in vielen, vielen Köpfen der Menschen versetzt.
Und ja, dazu gehört auch Mut, viel Mut. Den Kopf aus der Masse heraus zu stecken und für seine Ideale und Werte einzustehen.
Rüdiger hat mir vor zwei Wochen noch einen handgeschriebenen Brief zukommen lassen. In dem Brief hat er das mit beigelegt. Eine Leseprobe seines neuen Buches, was im April im Malik-Verlag erscheint. „Dem Mut ist keine Gefahr gewachsen“ – wahrscheinlich eines seiner persönlichsten und emotionalsten Bücher, die er je geschrieben hat.
Er hat mir einmal gesagt: „Markus, der Weg ist da wo die Angst ist.“ Das heißt für uns, um etwas richtig Großes in unser aller Leben zu erreichen – für uns oder für unsere Mitmenschen – dürfen wir durch diese Angst hindurchgehen. Mit der Gewissheit, dass danach etwas NOCH Großartigeres daraus erwachsen wird.
Rüdiger sitzt wahrscheinlich jetzt auf seiner Wolke und darf die Veröffentlichung seines Buches von da oben miterleben. Und ich weiß, dass ihm nichts mehr gefallen würde, als dass viele Menschen, auch wenn er körperlich nicht mehr da ist, diese – seine – positiven Gedanken umsetzten. Ja, es geht um Mut. Und wenn man sich den Titel genau ansieht, dann geht es auch um Demut. Demut vor dem Leben und Dankbarkeit für das, was wir haben.
Deswegen lautet seine Botschaft über den Tod hinaus: „Du bist nicht zu klein, um die Welt zu verändern. Verfalle nicht in Selbstmitleid und Lethargie. Glaube nicht an die mentalen Gefängnisse, die uns die Politik, die Medien, die Freunde, die Familie oder sonst wer aufgezwungen haben. Sondern steh auf, richte dein Krönchen, komm ins Tun, hab’ Mut und steh für deine Werte ein. Engagiere dich für die Schwachen, investiere deine Energie für das Gute und mach die Welt zu einem besseren Ort für uns alle.“
Ruhe in Frieden, lieber Rüdiger, und ich freu‘ mich auf unser Wiedersehen, du alter Haudegen.
Dein Markus
Markus Hofmann, CSP

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