von Lutz Langhoff, CSP

Die für mich wichtigsten Lektionen der letzten 30 Jahre Bühne:

  • Connection is everything. Es geht um die Verbindung zwischen dem Redner und seinem Publikum. Dieses fast „magische“ wir.
  • Berühre den Schmerz und zeige den möglichen Weg zur Freiheit auf. Nur wo Zuhörer in ihrem „Painpoint“ emotional getroffen sind, gibt es dieses „ich will das jetzt wissen“.
  • Sei Du selbst. Bleibe bei Dir, erzähle Deine Geschichte und bleibe ganz ehrlich Mensch.

Wenn diese „einfachen“ Grundlagen aufgebaut werden, dann macht eine Visualisierung mit Alltagsgegenständen Sinn. Sonst nicht. Das als Warnung vorweg. Möchte ich Menschen nur intellektuell mit meinen Argumenten und meiner Logik erreichen, dann werden einfache Analogien vom internen Kritiker der Zuhörer zerrissen. Das habe ich selbst oft genug erlebt. Wenn ich Menschen vor allem mit dem Kopf erreichen will, dann werden diese auch so reagieren.

Analogien mit Alltagsgegenständen sind in unserer Kultur und weltweit ein Klassiker. So werden uns als Kinder komplexere Themen wie Liebe oder Glaube nähergebracht. Brot, Sauerteig oder Samen sind die Transportmittel, um das nicht direkt Greifbare greifbar zu machen. Ich persönlich glaube, dass wir die komplexen Themen wie Unternehmenskultur, Mut oder Change eigentlich nur dann in der Tiefe vermitteln können, wenn wir als Redner eine ähnliche Einfachheit der Präsentation hinbekommen. Und das ist schwer, denn wir müssen dabei auf das wesentliche zurückkommen.

Meine Lieblingsanalogie ist das Fahrradfahren. Der Spruch dazu: „Mut ist wie Fahrradfahren“. Live fährt in meinen Vorträgen ein Zuschauer auf einem fetten Beachcruiser. Mal langsam, mal schnell, dann muss er nach hinten schauen. Dann gehe ich in den Dialog und frage, was die Zuschauer gesehen haben. Oft dauert diese Analogie bis zu 20 Minuten und lebt von der Einfachheit und der Interaktion. Den Feedbacks nach geschehen genau in dieser einfachen Bildsprache die größte Erkenntnis und Veränderungsbereitschaft. Die Teilnehmer sehen und spüren richtig, was es im Leben macht, wenn ich zu langsam bin. Oder wie skurril Lebenskonzepte sind, wenn man nach vorne fahren will und nach hinten schaut. Es geht halt nicht. Meine Worte runden das Gesehen dann nur noch ab.

Je weniger Extras ich oben drauf packe, wie Fahrradhelm, lockere Sprüche, Ironie oder Motörhead als Soundkulisse, desto intensiver und menschlicher wird es. Hier gilt der Designklassiker: „Reduce to the max.“ Bevor ich diese Analogie zeige, habe ich aber die obigen 3 Grundlektionen etabliert, sonst kommt die Einfachheit zu früh. Erst kommt die Verbindung, erst wird das Thema umrissen, eine menschliche Atmosphäre geschaffen und dann passt es.

Soweit das Grundsätzliche. Hier ein paar Tipps, die mir wichtig geworden sind.

  • Nutze Alltagsgegenstände, keine besonderen Requisiten.

Ich habe früher als Jongleur und Zauberer gearbeitet. Sobald eine Utensilie auf der Bühne danach aussieht oder riecht, gehen die Zuhörer in einen Entertainmentmodus. Es funktioniert einfach nicht mehr so gut. Dann laufen so ganz komische Dinge ab wie: „ah, jetzt kommt ein Zaubertrick“. Ich verliere die Zuschauer damit, da sie nicht mehr im Thema sind. Sie wollen dann entertaint werden. Daher meine ganz große Bitte: Finger weg von Zaubertricks. Die lenken nur ab. Ich selbst führe noch welche vor, kämpfe aber sehr stark mit der Herausforderung, dass die Kunst das Thema nicht überstrahlt. Ich habe vor Jahren Sigi Haider auf der Bühne erlebt, wie er Golfen gezeigt hat. Ein Golfball, einen Schläger und dann die Analogie was Fokus beim Marketing bedeutet. Er hat es ja nicht mal vorgeführt – aber bestimmt 7 Minuten das Bild ausgemalt. Erstklassig. Alexander Groth benutzt einen großen Brummkreisel, um Frust und das Hamsterrad aufzuzeigen. Ganz einfach, aber sehr intensiv in der Wirkung.

  • Glaube an die Analogie

Wenn ich selbst nicht überzeugt bin, mit einem Bild den Nagel auf den Kopf zu treffen, dann sollte ich es lassen. Es wird sich die Unsicherheit übertragen und dann greift wieder der Kritiker beim Zuhörer. Die Sicherheit stellt sich aber oft beim üben ein, es macht Sinn, wenn die Katze die Analogie fünfzig Mal anhören muss, bevor es an menschlichen Versuchsobjekten ausprobiert wird. Im Üben wird die rund und kriegt die schönen Facetten.

  • Mach es einfach

Gleich mit einem einfachen kurzen prägnanten Satz einsteigen. Heute las ich: „Change ist so wie Milch in Kaffee geben.“ Erstklassig. Danach wurde das Bild erläutert, aber es war sofort fest auf die Netzhaut eingebrannt.

  • Der Inhalt ist größer als das Transportmittel

Klassisch heißt es: Die Botschaft ist größer als der Bote. Stelle sicher, dass die Gedanken um den Inhalt kreisen, nicht um Dich oder die tolle Analogie. Genauso gilt es, einfache Worte zu wählen, sonst ist der Fokus wieder auf dem Redner und ich lasse den Zuhörer sich nicht mit dem Thema innerlich auseinandersetzen.

  • Stehen lassen

Jede Analogie zeigt den Kern einer Geschichte auf, mehr aber nicht. Muss sie auch nicht. Es ist unmöglich, alle Wenn und Aber vorweg zu nehmen. Ich wiederhole: unmöglich. Also lieber gleich lassen. Wobei mich vor 2 Monaten noch echt ein Kommentar überrascht hat. Da merkte doch so ein Kopfmensch an, dass ich bei meiner Mut-ist-wie-Fahrradfahren-Analogie den Beschaffenheit des Weges nicht beschrieben habe. Ob für Mut Sand, Asphalt oder ein Waldweg richtig ist? Das war nicht mal lustig als Humor gemeint, der wollte wirklich darüber ein längeres Gespräch.

  • Emotionen innerlich haben

Das geht jetzt in eine schauspielerische Arbeit, aber jedes Bild hat Emotionen. Die muss ich nicht nach außen groß zeigen, es ist aber wichtig, die innerlich zu triggern, so dass ich das dann wirklich fühle. Es reicht, die für einzelne Sätze abzurufen, sonst wird es übertrieben. Das erlebe ich öfters und dann wird es unecht, gekünstelt. Auch hier gilt: Einfach üben.

Zum Abschluss der an sich beste Tipp, um gute Analogien zu kreieren: Zwei Rednerkollegen einladen, eine Flasche Rotwein und jeder bekommt eine Stunde Brainstormingzeit. Einfach „rumspacken“ und mal die einfachsten und banalsten Dinge ausprobieren. Der Appetit entsteht im Laufen.

Be on fire, Lutz Langhoff