*von Karen Christine Angermayer
Fangen wir von hinten an. Das Image eines traditionellen Verlagshauses. Es ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn auf dem Cover eines Buches ein Verlagslogo prangt. Das Logo strahlt Zugehörigkeit aus: zu professionellen Partnern, die etwas vom Büchermachen verstehen, die Dein Buch lektorieren, korrigieren, das Layout gestalten … So dass Dein Buch am Ende auch wie ein richtiges Buch ausschaut. Das sagt etwas aus.
Ich kann mich noch erinnern, dass in den frühen Anfängen des Selfpublishing die Bücher „greislich“ ausschauten. Sie waren voller Rechtschreibfehler und die Seitenränder waren viel zu klein und manchmal schief. Auch die Cover waren wenig handelsüblich. Man sah sofort: Hier war kein Profi am Werk. Heute hat sich das zum Glück gewandelt. Einem Buch aus dem Selfpublishing sieht man es in der Regel nicht mehr an.
Image ist heute nicht mehr das, als was es damals gehandelt wurde. In USA wird schon seit vielen, vielen Jahren geselfpublished – weil es alle technischen Möglichkeiten dazu gibt. Rein technisch ist ein Verlagshaus nicht mehr bedeutend. Es ist ersetzbar. Dennoch will ich Dir einige Kriterien an die Hand geben, an denen Du für Dich entscheiden kannst, wo Deine Priorität und Deine Ziele liegen. Denn auf die kommt es an!
Schon vorweg: Wenn das Image Dir absolut-absolut wichtig ist – dann geh zu einem Verlagshaus. Ansonsten schau Dir die folgenden 3 Punkte genauer an.
Faktor Geld: Büchermachen kostet Geld. Und das nicht zu knapp. Jeder, dem ich im Coaching eine Buch-Kalkulation vorlege, schlackert erst mal laut mit den Ohren (ein unschönes Geräusch).
Und da sprechen wir nur von der reinen Herstellung – noch nicht vom Marketing. Wusstest Du, dass ein New York Times Bestseller 250.000 Dollar kostet, um zu einem New York Times Bestseller zu werden? Eine Viertelmillion ist das, für alle, die Buchstaben lieber lesen als Zahlen.
Ja, Bestseller werden auch zu einem großen Teil „gemacht“. Doch darauf gehe ich in einer anderen Folge ein.
Ein Buch selbst zu verlegen, es selbst herzustellen – damit meine ich das professionelle Lektorat, das Korrektorat, der Satz (Layout) von Innenseiten und Buch-Umschlag – kostet ein paar Tausend Euro. Wie viel genau hängt vom Umfang (Seitenzahl) ab, von der Ausstattung (Hardcover, Taschenbuch, farbige Bilder usw.), von der Wahl der Druckerei, der Vertriebswege und anderen Faktoren.
Natürlich schwanken für die einzelnen Positionen und Partner die Preise: Es gibt, wie immer im Leben, die, die es für „wertschätzende Preise“ tun, damit auch sie ihre Familie davon ernähren können. Und es gibt Angebote für sehr wenig Geld.
Achte, Preis hin oder her, darauf, dass der, mit dem Du Dich zusammentust, etwas von seinem Fach versteht. Teuer muss nicht unbedingt „tolles Ergebnis“ heißen. Aber das Ganze sollte eben am Ende auch fehlerfrei sein und nach einem Buch ausschauen. Und: den Anforderungen der Druckmaschinen genügen. Je nachdem, für welche Druckerei Du Dich entscheidest, variieren die Bestimmungen für Buchrücken, Beschnittränder und vieles mehr.
Du siehst – auch hier wieder ein Feld der Entscheidungen (Büchermachen ist ein prima Übungsfeld für alle, die sich mit Entscheidungen schwertun).
Jetzt ist Dein Buch noch nicht im Handel und es ist noch nicht bekannt. Eine PR- oder Marketing-Agentur sollte daher auch noch her, wenn Du nicht selbst schon der absolute Profi bist und ein Netzwerk von einigen Tausend Followern hast, die Dein Buch schon kaufen und bezahlen, bevor Du überhaupt „Piep“ sagst.
Traditionelle Verlage übernehmen diese Kosten. Doch auch sie müssen „rechnen“ und die Produktion stemmen können. Jedes Buch ist wirtschaftlich erst mal ein großes Risiko. Vor allem bei Erstautoren, die noch keinen Namen haben. Doch auch große Namen sind schon „gefloppt“. Ein Restrisiko bleibt daher immer.
Daher rechnen einige Verlage mit der Eigenabnahme von ein paar Hundert Stück zum sog. „Autorenrabatt“. So ist zumindest ein Teil der Investition gesichert, und der Autor freut sich, weil er eine bestimmte Anzahl Bücher in Händen hält, die er verkaufen oder verschenken kann.
Dienstleister-Verlage, wie es sie auch immer häufiger gibt, vereinbaren mit den Autoren größere Summen an finanzieller Eigenleistung. Oft teilen Dienstleister die Erlöse großzügiger aus. Im Vergleich: Bei einem traditionellen Verlagshaus gibt es für einen Erstautoren 10-12 % vom Netto-Ladenpreis des Buches (im Kinderbuchbereich nur 3-5%). Bei Dienstleistern gibt es schon mal 25 – 50%.
Wichtig für Dich: Ob mit einem traditionellen Verlag an Deiner Seite oder einem Dienstleister (von denen es durchaus auch seriöse gibt, allen Unkenrufen zum Trotz), wichtig ist, dass Du Dich wohlfühlst mit dem Vertrag und Deiner Entscheidung!
Als Selfpublisher kommen die Kosten alle „selbst“ auf Dich zu. Du erhältst dafür aber auch alle Erlöse, die Dir nach den Rabatten von Buchhandel (stationärer Buchhandel und Amazon) zustehen. Diese erhalten ca. 50-55% vom Netto-Ladenpreis (erneutes Ohren-Schlackern).
Es ist ein Rechenspiel, das nur Du für Dich aufstellen kannst – welches Budget steht Dir zur Verfügung? Was kannst/willst Du leisten, was nicht?
Schauen wir uns noch den Punkt Netzwerk an.
Wie groß ist Dein Netzwerk? Traust Du Dir zu, dass Du Dein Buch über Deine eigene Community selbst sehr schnell verkaufst – oder zumindest mittel- oder langfristig?
Du musst keine 10.000 Follower haben. 1000, die Dein Buch sofort kaufen, sind schon großartig. Die Crux ist nämlich: Oft ist unser eigenes Netzwerk wahnsinnig begeistert über unser neues Buch (wenn wir es auf FB posten) – aber keiner kauft´s. Und dann?
Diesen Punkt der Sprachlosigkeit überlassen die meisten Autoren dann doch lieber den Verlagen – zumindest finanziell. Schau Dir also Dein Netzwerk genau an. Sammele Vorbestellungen ein, dann hast Du einen Eindruck, ob Dir 20 Euro oder 20.000 für die Produktion Deines Buches zur Verfügung stehen.
Faktor Zeit. Wie lange dauert es, bis Dein Buch in einem traditionellen Verlagshaus erscheint?
In der Regel dauert es 6 bis 12 Monate ab Manuskriptlieferung, bis Dein Buch erscheint. Denn große Verlage produzieren viele Titel in jedem Halbjahr. Dein Buch ist daher eingereiht in eine genau geplante, durchgetaktete Produktionskette. Da kann schon mal bis zu einem ganzen Jahr vergehen, bis Du Dein Buch-Baby in Händen hältst. Hast Du die Zeit? Oder möchtest Du vorher mit dem Buch auf Akquise gehen, es über Deine Website verkaufen?
Überlege auch diesen Punkt gut. Zeit kann auch hier Geld (Aufträge) bedeuten.
Als Selbstverleger braucht es in der Regel mit professionellen Partnern nur etwa 2-3 Monate für Lektorat, Korrektorat und Layout – dann kann Dein Buch in den Handel.
Was ist Dein persönliches Ziel? Das allein ist hier entscheidend. Denn eines ist klar: Bücher machen Arbeit. Richtig viel Arbeit. Manche möchten sich das einfach nicht antun – sie sind bei einem Verlag besser aufgehoben. Andere sagen: Mit den richtigen Partnern schaffe ich das – Augen zu und durch! Und sie sind am Ende genauso glücklich.
Es ist eine Frage des Wesens, der eigenen Zeit und auch der Marketing-Talente: Bin ich ein Mensch, der sich und seine Produkte gern vermarktet? Oder arbeite ich lieber im stillen Kämmerlein?
Letzteres können sich allerdings auch Verlage nicht mehr leisten. Früher konnte man als Autor sein Manuskript abliefern und sich zurücklehnen. Den Rest erledigte – vermeintlich – der Verlag. Ich persönlich glaube, dass dies schon immer ein Trugschluss war: Der Autor, die Autorin muss mit „trommeln“ und zwar gewaltig, ansonsten geht gar nichts. Der Buchmarkt ist übervoll mit Büchern, Millionen Angebote tummeln sich bei Amazon. Da braucht es schon eine starke Trommel, besser viele Trommeln, die da laut tönen. Stichwort: Multiplikatoren!
Doch machbar ist es – es erfordert einfach Zeit. Fokus. Aufmerksamkeit. Marketing-Wissen. Auch Freude an diesen Dingen. Und die richtigen Partner.
Eins ist mir als Autorin, die bei einer ganzen Reihe namhafter Verlage veröffentlicht ist, und die selbst ein Verlagshaus vor 6 Jahren gegründet hat, noch wichtig zu sagen: Bei einem Verlag zu sein, stellt keine Garantie dar, im Buchhandel zu liegen.
Diese Wunschvorstellung haben viele Autoren. Und hier bin ich oft in der Rolle der „Rosa-Brille-Abnehmerin“. Ich muss es einfach ehrlich sagen, sonst sind manche Autoren enttäuscht. Nicht jeder Verlag – und sei seine Vertriebsmacht und sein Heer von Vertriebsmitarbeitern noch so groß – schafft es, Dein Buch garantiert auf die Büchertische von Hugendubel, Thalia oder Deinem Lieblingsbuchhändler zu bringen. Diese Entscheidung, ob der Händler sich Dein Buch „hinlegt“, die trifft immer er selbst. Das Angebot ist groß, er kann unter einer riesigen, nie enden wollenden Menge an Büchern wählen.
Mein Tipp: Denke nicht an den Buchhändler, wenn Du die Entscheidung für den Verlag oder Selbstverlag triffst. Denke an Deine Dir zur Verfügung stehende Zeit. Dein Geld. Dein Netzwerk. Und denke vor allem immer an einen: Deinen Endkunden. Deinen Leser.
Er ist es – in unserm Falle als Trainer, Speaker und Coach – der Dein Buch lesen soll und Deine Leistung kaufen soll. Dein Coaching, Deinen Vortrag, Deinen Online-Kurs usw.
Wie erreichst Du Deinen Endkunden am besten? Über einen Verlag? Oder über Deine eigene Website, über die Du Dein Buch verkaufst (Funnel) und dadurch sogar die Kontaktdaten Deiner Kunden in Händen hältst?
Du siehst, auch hier stehen wieder Entscheidungen an. (*haare-rauf)
Fazit: Büchermachen kostet Zeit und Geld. Sie zu verkaufen braucht ein (großes) kaufwilliges Netzwerk.
Überprüfe alle diese Faktoren einmal für Dich ganz in Ruhe und schreibe Dir auf, was Dir persönlich wichtig ist: Dass Dein Buch schnell erscheint, damit Du es auf der nächsten Konferenz oder dem nächsten großen Vortrag in Händen hältst? Oder dass ein großer Verlag mit einem tollen Image Dich als Autor unter Vertrag hat? Dass Du die Kontaktdaten Deiner Käufer für weitere Akquise nutzen kannst und zum Aufbau Deines Verteilers?
Ich wünsche Dir für Dich und Dein Buch – und Dein Unternehmen, was an dieser Frage und jedem verkauften Buch dranhängt – eine gute und sichere Entscheidung.
Wir lesen uns in der nächsten Folge wieder, die ebenfalls ein sehr wichtiges Thema behandelt: „Was muss rein in ein Exposé, das die Entscheider begeistert und mir die Türen in die Verlagswelt öffnet?“ Auch da wieder die „Entscheider“ – aber diesmal kannst Du Dich zurücklehnen, denn es entscheiden andere, und hoffentlich FÜR Dich und Dein Buch 😉
Bis dahin, mach es gut – und schreib dein Buch!
Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Buch-Coach, zertifizierte BAFA-Beraterin

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