von Karen Christine Angermayer

Viele Autoren und Selfpublisher, die gut schreiben können, glauben, dass sie den Step des Lektorats und Korrektorats vor der Veröffentlichung ihres Buches übergehen können. Andere finden, dass es reicht, wenn ein Bekannter oder die Oma noch mal „schnell drüber lesen“. Auch in großen Verlagen wird hier und da nicht wirklich in der Tiefe lektoriert. Warum du bei deinem Buch immer auf absolute Qualität setzen solltest und sowohl ein professioneller Lektor wie auch ein Korrektor wichtige Partner in deinem Veröffentlichungsteam sein sollten, darum geht es in der heutigen Folge. Viel Spaß!

Das Gehirn eines Menschen ist grandios leistungsfähig, aber keine Maschine. Heißt: Wenn wir einen Text mehrmals gelesen und intensiv bearbeitet haben, gehen uns kleinere und auch größere Fehler schnell mal durch die (Gehirn)Lappen. Wir sehen sie nicht mehr, auch wenn wir noch so konzentriert auf den Text schauen!

Ich persönlich finde es völlig verzeihlich, wenn ich in einem gedruckten Buch einen oder zwei kleine Fehler finde. Ich weiß selbst, wie viel Arbeit es macht, Manuskripte sauber zu schreiben bzw. sie achtsam zu lektorieren und wie viele verschiedene Ebenen dabei zu beachten sind: die inhaltliche Vermittlung des Themas, eine sinnvolle Struktur und Reihenfolge, die richtige Wortwahl, eine gewisse „Sexiness“ des Schreibstils … Da kann man als Autor schnell mal überfordert sein und sieht am Schluss den Wald vor lauter Buchstaben nicht mehr.

Ärgerlich wird es dann, wenn gefühlt auf jeder dritten oder fünften Seite gravierende Fehler auftauchen, wie es in Zeiten des verstärkten Selfpublishing leider immer öfter geschieht. Ich will damit nicht sagen, dass Verlage keine Fehler machen (mitnichten!), doch in der Regel gehört zu einem Verlagsteam ein/e interne/r oder externe/r Lektor/in und auch ein/e Korrektor/in.
(Allein das Ende des vorangegangenen Satzes zeigt mir, dass ich zwar ein großer Fan von „Gendern“ bin, aber die geschriebene Sprache dafür einfach nicht gemacht ist. Sieh es mir daher bitte nach, wenn ich im Folgenden an der einen oder anderen Stelle darauf verzichte).

Was genau macht ein Lektor, was kannst du von einem Profi dieses Fachs erwarten?
Lektoren lesen dein Manuskript sehr aufmerksam durch und korrigieren die Rechtschreibung, die Grammatik und die Zeichensetzung. In der Regel nehmen sie ihre Korrekturen im „Nachverfolgungsmodus“ vor, der jede noch so kleine Korrekturen sichtbar, somit nachvollziehbar und auch revidierbar macht. (Du findest diesen Modus in Word unter „Überprüfen – Nachverfolgung – Änderungen nachverfolgen“). Letzteres hat den Vorteil, dass du einzelne Korrekturen wieder rückgängig machen kannst, wenn sie dir nicht zusagen. Gefällt dir die gesamte Arbeit des Lektors gut und bist du mit allem einverstanden, brauchst du am Schluss nur auf „Annehmen – alle Änderungen annehmen und Nachverfolgung beenden“ klicken. Fertig ist dein lektoriertes Werk!

Vor allem richten Lektoren ihr Augenmerk auch stark auf die Frage: Wie vermittelt der Autor die Inhalte an seine Leser? Ist alles nachvollziehbar und verständlich? Ist die Struktur des gesamten Buches und auch der einzelnen Kapitel und Unter-Abschnitte sinnvoll – oder gibt es einen besseren Weg? Sollten Teile des Buches umgestellt oder gekürzt werden, z. B. damit es keine „Bibel“ wird, sondern ein noch gut lesbares und handliches Werk? Fehlen wichtige Text-Bausteine? Hat der Leser genug Input bekommen? Wird auch ein Laie sprachlich auf Augenhöhe abgeholt? Erfüllt das Buch die Versprechungen des Titels?

Kurz gesagt: Der Lektor nimmt bei seiner Arbeit die neutrale Haltung eines Erst-Lesers ein: Ist dein Text für jemanden verständlich und gut annehmbar, der noch nie etwas (oder nur wenig) von deinem Thema gehört hat?

Ein Lektor sollte daher sowohl ein gutes Gefühl für Sprache mitbringen, doch auch ein Gesamtgefühl für dein Buch haben. Er sollte dich und dein Buch verstehen. Und er sollte auch eigene kreative Ideen einbringen können und nicht stumpf die Rechtschreibung abarbeiten.

Eine Sache der Sympathie und Chemie. Natürlich ist es darüber hinaus wichtig, dass auch die Wellenlänge zwischen dir und deinem Lektor stimmt. Ihr beide solltet „die gleiche Sprache“ sprechen, sonst arbeitet man aneinander vorbei, was zeit- und kostenintensiv ist und nicht zum besten Ergebnis führt.

Lass dir vor Beginn der Arbeit an deinem Werk immer ein unverbindliches Angebot machen, z. B. einen Seitenpreis nennen. Seitenpreise von 5 bis 8 Euro netto pro Normseite (1500 Zeichen inkl. Leerzeichen) sind für professionelle Lektoren durchaus üblich.

Wenn du dir unsicher bist, ob du und der Lektor harmonieren, lass dir zunächst nur einen kleinen Teil deines Manuskripts probelektorieren, z. B. 5 oder 10 Seiten.

Sei fair: Verlange keine kostenfreien Probelektorate, wenn es dir nicht von selbst angeboten wird. Lektorieren kostet Geld, Zeit und Energie, und Lektoren haben, wie du wahrscheinlich auch, ein eigenes Unternehmen und eine Familie auf der „payroll“.

Und: Sei nicht beleidigt, wenn dein Lektor dich korrigiert. Er tut dies, um dir zu helfen, deinen Text zu verbessern. Kreative Arbeit ist immer Teamwork und ich kann für mich sagen, dass meine Lektorinnen und Lektoren meine Bücher immer noch besser und zu dem gemacht haben, was sie heute sind.

Du brauchst nicht jede Korrektur und jeden Optimierungsvorschlag anzunehmen, doch sei auch offen für den Blick und die Impulse der Profis.

Festangestellte Lektoren oder auch externe Lektoren eines Verlags haben noch viele weitere Aufgaben, die über das reine Text-Lektorat weit hinausgehen: Sie begutachten die verlangt und vor allem auch unverlangt eingesendete Manuskripte, kalkulieren und planen die gesamte Buchherstellung (finanziell wie zeitlich mit allen Beteiligten), bereiten Vertretertagungen vor und nehmen daran teil, stellen in Lektoratsrunden diejenigen Exposés und Buchthemen vor, die sie aus der Fülle eingesandter Manuskripte interessant finden, führen Autorengespräche, die nicht immer einfach sind, koordinieren alle Herstellungsschritte bis zur Prüfung der finalen Druckfahne … Ich habe hohen Respekt vor der Arbeit von Lektoren! Sie sind für mich die stillen Helden jeder Buchproduktion.

Worin besteht die Arbeit eines Korrektors?
Ein/e Korrektor/in setzt mit ihrer Arbeit sprichwörtlich das Tüpfelchen auf das i. Korrektoren sind die „Adleraugen“, die den Text noch einmal begutachten, bevor er in die weitere Herstellung – den Buch-Satz bzw. das Layout – geht. Der Korrektor legt seinen Fokus also vornehmlich auf die Korrektur von Rechtschreibung und Grammatik.
Denjenigen unter uns, die sich (wie ich) nicht ausgiebig mit der neuen deutschen Rechtschreibung befassen konnten oder wollten, sei unbedingt zu einem Korrektorat geraten. Die meisten deutschsprachigen Verlage korrigieren auch nach dieser Norm.

Da Autor und Lektor sich sehr intensiv mit dem Text beschäftigt und mehrmals daran gefeilt haben, übersieht deren Gehirn gern mal einen Buchstaben, fehlende Kommata bzw. ganze Worte. Ein Korrektor spürt diese finalen Fehlerteufelchen auf und korrigiert sie.

Auch ein Korrektor ist nur ein Mensch, daher kann niemand eine absolute Garantie auf Fehlerfreiheit geben. Doch mit einem abschließenden Korrektorat bist du auf der sicheren Seite.

Ich persönlich empfehle Selfpublishern auch, von einem Korrektor noch die finale Prüfung der Druckfahne vornehmen zu lassen, bevor das gesamte Werk in den Maschinen der Druckerei verschwindet.

Denn auch bei der Übertragung deines Manuskripts (z. B. aus Word oder Pages) in ein Layout-Programm (z. B. Indesign) wird leicht einmal ein Wort, ein Buchstabe, ein Satzteil etc. übersehen. Ein Korrektor nimmt hierbei noch einmal sehr genau alle gesetzten Seiten unter die Lupe: Er prüft das Inhaltsverzeichnis und die Übereinstimmung der Überschriften auf den jeweiligen Buchseiten inkl. der angegebenen Seitenzahlen. Er prüft Kapitelnummern, schaut, dass Aufzählungen (oft mit Bullet Points) alle sauber eingerückt sind. Er sieht nach, ob es ein Quellenverzeichnis gibt und ob alle Fußnoten oder Querverweise darin enthalten sind … Es ist wirklich erstaunlich, wie viele Fehler sich noch im Detail verbergen – obwohl alle vorher Beteiligten ihr Bestes gegeben haben!

Du siehst, es zahlt sich wirklich aus, in deinem Verlagsteam (ob als Selfpublisher oder auch als Autor eines traditionellen Verlagshauses) gute Lektoren und Korrektoren zu haben. Ein guter Freund, eine „Grammatik-Koryphäe“ im Bekanntenkreis oder die Oma kann sicher auch über deinen Text lesen. Die Frage ist, ob sie die Aufmerksamkeit und Konzentration an den Tag legen (können!), die ein Profi deinem Werk zukommen lässt – und ob sie dein Werk inhaltlich so durchdringen wie es nötig wäre. Gute Dinge sind gerade in der Buch-Welt nicht „mal eben schnell“ erledigt.

Mein Tipp für heute: Spare weder zeitlich noch finanziell an diesem wichtigen Schritt des Lektorats und des Korrektorats. Es zahlt sich für dich und dein Buch aus.

In der nächsten Folge schauen wir uns die „äußeren Werte“ deines Buches an, sprich: seine Verpackung. Denn bei aller Qualität deiner Inhalte sollte unbedingt auch das äußere Erscheinungsbild tiptop sein. Ich zeige dir, worauf du bei der Covergestaltung achten solltest, damit deine Leser sowohl auf Büchertischen wie auch im Internet kräftig zugreifen und ihren Warenkorb mit deinen Werken befüllen.

Bis dahin mach es gut – und schreib dein Buch!

Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Buch-Coach

KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 30 Büchern bei 7 großen Verlagen und regelmäßig als Ghostwriterin für Trainer, Coaches und Speaker tätig. Ihre Bücher wurden u. a. zu SPIEGEL-Bestsellern und große Verlagshäuser kommen auf sie zu, um neue Ideen für Serien zu entwickeln. In den letzten 8 Jahren war sie darüber hinaus auch als Verlegerin tätig – sie kennt also alle Seiten des Schreibtischs.

Gerade frisch erschienen ist ihr Buch „Schreiben. Verlegen. Vermarkten: Erfolgreich zum eigenen Experten-Buch“.

Ihre Leidenschaft fürs Schreiben ist bereits in der Kindheit entflammt. Nach einem kurzen Umweg in die Welt der Zahlen und einem Diplom in Photoingenieurwesen an der FH Köln kehrte sie ganz schnell wieder in die Welt der Geschichten zurück. Seit inzwischen 22 Jahren ist ihre Liebe zum Schreiben eigener Bücher und der Unterstützung anderer Menschen beim Schreiben lebendig und voller Leidenschaft.

Zusammen mit ihrem starken Team aus Lektorat, Korrektorat und Buchdesign hilft sie Trainern, Coaches und Speakern von der ersten Idee über den Schreibprozess bis hin zum fertigen Buch. So entstehen jedes Jahr ca. 50 neue Bücher, die sie entweder selbst schreibt oder berät und begleitet.
Privat ist sie Mutter von 2 Teenagern und pendelt zwischen 2 Orten in Deutschland und ins sonnige Ausland. Sie weiß daher genau, wie wichtig strukturiertes Arbeiten und ein gutes Schreibmanagement sind – und genau dies vermittelt sie auch ihren Kunden.
Ihre Leistungen werden in vielen Fällen staatlich gefördert.

Kontakt: hallo@angermayer-sorriso.com