von Karen Christine Angermayer

Ich möchte ein Buch herausbringen, allerdings nicht unter meinem eigenen Namen.“ Gerade wenn wir eine besonders heftige Lebensgeschichte vorzuweisen haben oder in unsere Publikation Menschen und Begebenheiten einfließen sollen, die wir buchstäblich nicht „beim Namen“ nennen können, liegt der Gedanke nah, einfach einen anderen Vor- und Nachnamen auf das Cover zu schreiben. Ob und wann dies wirklich sinnvoll ist und welche Nachteile dies hat, darum dreht sich der heutige Beitrag. Viel Spaß und Gewinn beim Lesen wünsche ich dir!

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle über das Thema „Zitate“ schreiben. So war es in der letzten Folge angekündigt. Doch intuitiv habe ich anders entschieden, weil das Thema Pseudonym in letzter Zeit mehrfach in meinen Coachings auftrat.

Schauen wir uns zunächst an, warum Menschen überhaupt darüber nachdenken, einen anderen Namen zu wählen.

Gute Gründe für die Verwendung eines Pseudonyms:
Zu einfacher oder zu komplizierter Name. Manchmal wurden wir bei unserer Geburt nicht mit dem „hitverdächtigsten“ Namen gesegnet. Heinz G. Konsalik (1921 – 1999) war einer der kommerziell erfolgreichsten deutschen Schriftsteller. Er verwendete den Mädchennamen seiner Mutter. Von Geburt an hieß er eigentlich Heinz Günther. Ob er damit genauso erfolgreich gewesen wäre?

Cover und Buchtitel sind das Erste, was ein interessierter Leser von uns sieht. Wenn wir einen Blick in die Musikbranche werfen, fällt auf, wie wohlklingend oder zumindest harmonisch und zum Genre passend die Namen gestaltet werden. Sowohl Songtitel, als auch die Titel der Alben sind in der Regel kurz und leicht zu merken. Der Kunde soll nicht lange überlegen müssen, er soll kaufen!
Genauso ist es bei Büchern auch.

Namen vermitteln auch eine Stimmung, eine Energie. „Wilfried Schnarzlhubers Tipps für heißen Sex“ ziehen wahrscheinlich auf dem Büchertisch nicht so gut. Ein Rezepteband mit Schmankerln aus der Region vom gleichen Autor vielleicht schon.

Genrewechsel.
Autoren, die sich in einem bestimmten Genre einen Namen gemacht haben, ziehen es ebenfalls vor, einen anderen Namen aufs Titelblatt zu schreiben, wenn sie ein neues Genre-Kapitel aufschlagen. Krimi-Bestsellerautorin Nele Neuhaus veröffentlicht ihre Kinderbücher unter ihrem Mädchennamen. Ich selbst als vielfache Kinderbuchautorin habe mir für die Veröffentlichung eines Krimis ein italienisches Pseudonym ausgedacht. Zum einen, weil ich nicht möchte, dass meine große Fangemeinde der 6-10-Jährigen auf der Suche nach neuem Lesefutter von mir versehentlich auf Erwachsenen-Kost stößt (Thema: Achtsamkeit und Schutz der Jugend, beides ist mir wichtig). Zum anderen, weil ich finde, dass Krimis, die im Ausland spielen, einfach einen Tick glaubwürdiger klingen als wenn ein deutscher Name darauf prangt. Das ist natürlich (wie so oft) Geschmackssache und jeder sollte hier seinem Gefühl folgen.

Die eigene Privatsphäre wahren.
Wir als Speaker, Trainer und Coaches tun uns leichter damit als andere, ins Licht der Öffentlichkeit zu treten. Nicht jeder möchte das. Nicht jeder hat den Mut dazu. „Was denken die Nachbarn?“ ist ein häufigerer Grund als man meinen könnte, um sich für ein Pseudonym zu entscheiden. Da muss es nicht mal um Erotik-Geschichten gehen. Für uns Bühnen-Erfahrene ganz „normal“ und unverfänglich scheinende Texte einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen, bereiten diesen Menschen Schwierigkeiten.

Manche Erst-Autoren haben auch schlichtweg irrige Vorstellungen vom Autoren-Leben. Es ist erfahrungsgemäß auch bei ansteigendem Erfolg nicht so, dass die Paparazzi permanent unsere Hofeinfahrt belagern oder der Briefträger einen Bandscheibenvorfall bekommt, weil er die Wannen mit unseren Autogramm-Anfragen nicht mehr tragen kann. Dies sollte daher nicht der Hauptgrund für dein Pseudonym sein.

Offenes oder geschlossenes Pseudonym?
Ein offenes Pseudonym ist ein Künstlername, bei dem bekannt ist, wer wirklich dahinter steht. J. K. Rowling zum Beispiel veröffentlicht ihre Krimis rund um ihren Ermittler Cormoran Strike unter dem Namen Robert Galbraith. Es ist öffentlich zu lesen, dass es sich dabei um die bekannte Schriftstellerin handelt. Bei einem geschlossenen Pseudonym soll der bürgerliche Name des Autors auf jeden Fall geheim bleiben.
Zumindest in Deutschland ist es allerdings gar nicht so einfach, anonym zu bleiben. Denn es gibt die sog. Impressumspflicht. Das bedeutet: Eine redaktionell verantwortliche Person und eine ladungsfähige Adresse müssen angegeben werden. Ganz verstecken „ist“ also nicht!

Wer absolut unerkannt bleiben möchte, nutzt einen Impressumsservice (kostenpflichtig). Doch die Frage bleibt, ob man es als Autor schafft, auf Dauer unentdeckt zu bleiben. Denn mit steigendem Erfolg möchten Fans gerne wissen, wer sich hinter den Büchern verbirgt. Manch einer ist da ganz schön findig.

So oder so – an oberster Stelle steht das Gebot: Du darfst keine Persönlichkeitsrechte verletzen. Auch wenn dir ein Pseudonym gewisse Freiheiten verschafft. Ein Freischein, frei Schnauze vom Stapel zu lassen, über wen man sich auf diesem Planeten alles aufregt, ist es nicht. Achtsamkeit sollte neben allem Sendungsbewusstsein immer mit auf der Agenda stehen.

Kommen wir jetzt zum großen Nachteil eines Pseudonyms. Es ist der Punkt, der für uns Speaker, Trainer und Coaches am Allerwichtigsten ist: Wer ein Pseudonym nutzt, wird nicht erkannt – er wird aber auch nicht gesehen. Bzw. nur eingeschränkt. Er wird nicht vollumfänglich als der wahrgenommen, der er wirklich ist.

Gerade wir, die wir auf Bühnen stehen oder im Coaching arbeiten, möchten ja gebucht werden. Wir wollen unser Buch stolz während unseres Vortrags hochhalten, und hinterher sollen es die Leute in Scharen am Büchertisch kaufen. Wenn ich mich nicht zeigen will, kann ich nichts hochhalten!

Auch dein Verlag wird nur eingeschränktes Marketing betreiben können. Wie soll er eine Lesung mit dir verkaufen oder den Medien ein Interview anbieten? Möchtest du hinter einem Vorhang sitzend Fragen beantworten oder hinter einem Paravent aus deinem Buch vorlesen? Der Einfluss auf die Buchverkäufe und damit deine Erlöse dürfte klar sein.

Erfolgreiche Buchvermarktung braucht Präsenz. Und die ist bei einem Pseudonym nicht gegeben.

„Aber es gibt Social Media …“, wenden manche ein. Ich liebe Social Media, sie sind manchmal klasse – aber sie können nicht alles. Vor allem können sie den MENSCHEN nicht ersetzen. Mit seiner einzigartigen Ausstrahlung, Präsenz, seinem Herzschlag … mit allem, was uns ausmacht.

Lass dir die Sache mit dem Pseudonym daher gut durch den Kopf gehen, bevor du eine Entscheidung mit Konsequenzen triffst. In beide Richtungen!

Solltest du dich dennoch für ein Pseudonym entscheiden, dann achte darauf, dass dein neuer Name nicht schon vergeben ist. Sonst öffnet dein interessierter Kunde im Internet möglicherweise die Buchseite des anderen Autors mit dem gleichen Pseudonym – und muss noch ein paar Mal klicken, bis er endlich bei dir und deinen Büchern landet. Mach es deinen Lesern so einfach wie möglich, deine Angebote zu finden und zu kaufen!

In der nächsten Folge schauen wir uns (sehr wahrscheinlich) das Thema „Zitate“ an. Ein Thema, dessen Wichtigkeit oft von Autoren unterschätzt wird. Um ruhig zu schlafen, solltest du bei dieser Folge auch unbedingt dabei sein.

Bis dahin mach es gut – und schreib dein Buch!

Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Buch-Coach

KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 30 Büchern bei 7 großen Verlagen und regelmäßig als Ghostwriterin für Trainer, Coaches und Speaker tätig. Ihre Bücher wurden u. a. zu SPIEGEL-Bestsellern und große Verlagshäuser kommen auf sie zu, um neue Ideen für Serien zu entwickeln. In den letzten 8 Jahren war sie darüber hinaus auch als Verlegerin tätig – sie kennt also alle Seiten des Schreibtischs.

Ihre Leidenschaft fürs Schreiben ist bereits in der Kindheit entflammt. Nach einem kurzen Umweg in die Welt der Zahlen und einem Diplom in Photoingenieurwesen an der FH Köln kehrte sie ganz schnell wieder in die Welt der Geschichten zurück. Seit inzwischen 22 Jahren ist ihre Liebe zum Schreiben eigener Bücher und der Unterstützung anderer Menschen beim Schreiben ungebrochen.

Zusammen mit ihrem starken Team aus 8 Partnern hilft sie Trainern, Coaches und Speakern von der ersten Idee über den Schreibprozess bis hin zum fertigen Buch. So entstehen jedes Jahr ca. 50 neue Bücher, die sie entweder selbst schreibt oder berät und begleitet.
Privat ist sie 2fache Mutter von 2 Teenagern und pendelt zwischen 2 Orten in Deutschland. Sie weiß daher genau, wie wichtig strukturiertes Arbeiten und ein gutes Schreibmanagement sind – und genau dies vermittelt sie auch ihren Kunden 🙂

Kontakt: hallo@angermayer-sorriso.com