von Karen Christine Angermayer

Jeder von uns hat schon mal einen Korb bekommen. Wir haben nicht jeden süßen Jungen oder jedes „hotte“ Mädchen geküsst, die uns als Teenie gut gefallen hat. Wir sind nicht mit allen ausgegangen, von denen wir in jungen (oder auch schon reiferen) Jahren geträumt haben. Bei der Partnerwahl im Tanzkurs haben auch wir schon mal „Nein, danke“ zu jemandem gesagt, der uns scheu-schüchtern und mit Schwitzefingerchen gefragt hat. Wir sind auch sehr wahrscheinlich auf unserem Liebes- und Herzensweg nicht mit allen, die heiße Regungen in uns entfacht haben, in der Kiste gelandet … Absagen und Körbe gehören zum Leben dazu. Auch beim Bücherschreiben. Die Frage ist immer: Wie gehe ich damit um? Wie nah lasse ich die Dinge an mich heran? Was ist heilsam? Was wirkt zerstörerisch? Damit wollen wir uns heute beschäftigen. Ich wünsche Dir viel Spaß mit dieser Folge!

Eins vorweg und ich höre den wunderbaren Roy Black singen, während ich dies schreibe: „Du bist nicht allein …“, wenn du schon mal eine Absage von einem Verlag bekommen hast. Absagen an Autoren passieren jeden Tag. Körbeweise. Wir sehen sie nur nicht, weil diese Bücher nun mal nicht veröffentlicht werden. Sie stehen in keinem Regal, gammeln bestenfalls in einer Schublade oder einem Dateiordner herum oder sind in der Papiertonne gelandet und längst zu … was anderem verarbeitet worden.

Auch ich habe schon Absagen in meinem Leben erhalten. Glücklicherweise hielt sich die Zahl in Grenzen und die Menge der abgeschlossenen Verträge ist deutlich höher. Doch auch die wenigen Absagen haben immer geschmerzt. Der Grund:

Es steckt unser Herzblut drin. Und: Wir nehmen die Dinge gern zu persönlich.
Dabei ist die Absage eines Verlags oder einer Literaturagentur nie persönlich gemeint. Sie bedeutet schlichtweg: Dieses Buch hat jemandem nicht „geschmeckt“ (so wie nicht jeder Mensch auf der Welt Steaks oder Rosenkohl mag). Oder es passte nicht ins Verlagsprogramm. Oder: Die Zielgruppe war zu klein und der Verlag hatte die berechtigte Sorge, mit seiner Investition kein Geld zu verdienen. Oder: Der Verlag hat ein ähnliches Thema schon publiziert bzw. ist gerade an einem recht ähnlichen „Stoff“ dran – und will sich selbst keine Konkurrenz machen. Oder: Der Verlag hat sich mit dem Thema schon mal die Finger verbrannt und macht künftig einen großen Bogen darum. Oderoderoder.

All das sind Gründe, die zu einer Absage führen können.

Vielleicht kennst du die Geschichte, die man über die Zeit vor der Veröffentlichung von „Harry Potter“ erzählt. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich 37 Absagen waren, die die Autorin J. K. Rowling von Verlagen erhielt – doch Tatsache war: Sie blieb dran. Einem hat´s schließlich gefallen. Und alle anderen beißen sich heute in den Hintern.

Was bedeutet das für dich? Dranbleiben. Nicht den Kopf in den Sand stecken – sondern die Finger tief in die Tastatur.
Du bist Autor? Dann schreib. Schreib weiter, auch wenn die eine Idee nicht funktioniert hat. Was glaubst du, wie viele Ideen Autoren oder auch Musiker Ideen und Texte notieren und wieder verwerfen, aus denen niemals ein Buch oder ein Song wird? Geh durch den Schmerz, aber dann geh auch weiter und widme deine Kraft und Aufmerksamkeit dem nächsten Buch. Ich weiß, das ist im ersten Moment leichter gesagt als getan, doch ich spreche aus Erfahrung.

Nach ein paar Wochen oder Monaten beruhigt sich der Schmerz. Die Frustration oder Enttäuschung werden weniger und du bist bereit, ein neues Buch zu wagen. Oder: Das bestehende mit professioneller Hilfe zu verändern und dem Markt anzupassen. Denn eines solltest du wissen: Der Buchmarkt ist ein Markt. Und auf diesen Markt kommt in der Regel das, was am häufigsten gekauft wird.

Werde markttauglich.
Gemüse- und Obsthändler fangen auch nicht von heute auf morgen an, völlig andersartige, verrückte Sorten zu züchten und anzubieten. Äpfel, Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln … werden gekauft. Auf dem Buchmarkt ist dies genauso. Bestimmte Genres gehen immer. Andere weniger. Wieder andere gar nicht. Das bedeutet nicht, dass wir „Abklatsch“ und das ewig Gleiche publizieren sollten – im Gegenteil. Eine bekannte Form kann uns viele Freiheiten liefern, sie mit neuen Inhalten und Ideen zu füllen. Darin liegt die große Kunst als Autor und die tägliche Herausforderung.

Wenn nur eine Standard-Absage kommt. Oder gar keine Antwort.
Verlage haben aufgrund ihres sehr gut gefüllten Tagesgeschäfts nicht die Zeit, ausführliche Begründungen zu schreiben. Zu groß ist die Zahl der Einreichungen. Wannenweise kommen die Skripte per Post herein und die gleiche Anzahl, wenn nicht gar mehr, noch mal per E-Mail ins virtuelle Haus geflattert.

Und du darfst nicht vergessen: Allein die Beschäftigung mit deinem Manuskript kostet bereits Zeit, die einem Verlag nicht bezahlt wird. Lektoren lesen die „verlangt“ und „unverlangt“ eingereichten Texte oft außerhalb des Tagesgeschäfts, abends und am Wochenende. Und es ist nicht wenig Zeit, die da wöchentlich und monatlich anfällt. Ich spreche auch hier aus Erfahrung! Wie schön, wenn eine echte Perle dabei ist, ein Schatz, der sich zu publizieren lohnt. Leider ist dem nicht immer so. Da denkt man dann schon mal: Den Abend hätte ich auch mit meinen Kindern oder dem Liebsten auf der Couch verbringen können … Detaillierte Absagen sind daher eher die Seltenheit und sollten hochgeschätzt werden, denn sie bedeuten erneuten Zeitaufwand für denjenigen, der sich deiner Sache widmet!

Erwarte auch keine Verbesserungsvorschläge von Verlagen. Das ist schlichtweg nicht ihre Aufgabe. Verlage sind keine Dramaturgen und keine Coaches. Dafür gibt es andere Profis.

Hol dir professionelle Hilfe.
Das gilt am besten schon für die Zeit VOR der Einreichung. Denn wir haben nun mal keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Ich selbst prüfe und begleite sehr viele Autoren bei der Optimierung ihrer Exposés und ihrer Leseproben, bevor diese „Verkaufsmappen“ überhaupt an Verlage oder Agenturen gehen.

Natürlich kann auch ich keine Garantie auf eine Veröffentlichung geben, doch wenn dein Buch professionell und attraktiv präsentiert wird – und das fängt mit einem sexy Titel auf dem Deckblatt an und hört beim Vorhandensein aller wichtigen Informationen zum Buch, der Ausarbeitung des Nutzens/USPs und deinen vollständigen Kontaktdaten auf – dann steigen deine Chancen um ein Vielfaches, überhaupt von den Entscheidern im Verlag gelesen und bis zum Ende gelesen zu werden.

Wenn du bereits eingereicht hast und es kommt keine Antwort oder nur lauter Absagen, dann hole dir spätestens dann Hilfe, damit wir schauen können, woran es liegen könnte. Ich persönlich finde nichts schlimmer, als wenn Manuskripte nicht das Licht der Welt erblicken – einfach, weil man sich nicht richtig um sie gekümmert oder sie frustriert für immer in die Ecke geworfen hat!

Das schlägt nicht nur aufs Gemüt, sondern auch aufs Selbstbewusstsein. Und es macht hilflos, weil man ein diffuses Gefühl von „hat nicht geklappt, aber ich weiß nicht, warum“ hat, aber keine klare Handlungsanweisung, wie man es beim nächsten Mal besser machen kann. Ich liebe Klarheit und empfehle dir, nichts unversucht zu lassen, um auch bei deinem Buchprojekt Klarheit zu schaffen.

Übrigens ist auch Nachfragen erlaubt: Wie schon gesagt, haben die Lektoren und Programmleiter in Verlagen nicht viel Zeit. Doch wenn wir eine Absage wirklich nicht verstehen oder über mehrere Monate lang kein Lebenszeichen kommt, dann ist auch Nachfragen erlaubt.

Eine Geschichte, die mir selbst passiert ist. Eine meiner beiden Agentinnen konnte im Jahr 2011 nicht wirklich etwas anfangen mit einem Manuskript, das ich geschrieben hatte.
Ich hatte es relativ schnell geschrieben – es war innerhalb 17 Tagen aus mir herausgepurzelt. Ich bedauerte es natürlich, dass sie mit dem Text nichts anfangen konnte. Ich mochte ihn! Ich hatte mir gewünscht, sie würde jubeln und es gleich an 10 Verlage schicken. Hollywood würde selbstredend auch anrufen … Doch nichts dergleichen. Sie wusste nicht, welchem Genre sie das Buch zuordnen sollte und war nicht bereit, es an Verlage zu senden.

Ich schluckte meinen Schmerz, so gut es ging, herunter (zum Glück vertrage ich keinen Alkohol) und arbeitete an anderen Projekten. Nach ein paar Wochen dachte ich wieder an mein Buch und schrieb meiner Agentin eine Mail: „Sag mal, kannst du mir bitte sagen, was genau dir daran nicht gefallen hat?“

Und sie nahm sich gern die Zeit, schaute noch mal ins Buch, antwortete mir allerdings nicht, sondern schickte es einer anderen Agentin, die spezialisiert ist auf Kinder- und Jugendbuch. Was dann passierte, klingt unglaublich und ist doch genauso passiert: Diese Agentin hatte eine Ahnung, wo der Text hinpassen könnte. Sie gab das Manuskript an den Loewe Verlag – an einem Mittwochnachmittag – und schon am Freitag, nur anderthalb Tage (!) später hatte ich eine Zusage.

Dem Verlag war nämlich gerade ein anderes Buch ausgefallen, weil die betreffende Autorin nicht liefern konnte, und sie suchten genau ein solches Manuskript für eine neue Jugendbuch-Reihe für Mädchen. Das war mein Start als Kinder- und Jugendbuch-Autorin. Die Geschichte ist 10 Jahre her und ich weiß nicht, wo ich heute wäre, wenn ich damals nicht einfach noch mal nachgefragt hätte.

Natürlich sollte man niemandem auf die Nerven gehen – ein Nein ist in der Regel ein Nein – doch wenn dein Bauchgefühl sagt: „Frag doch noch mal“, dann folge ihm.

Manchmal sind Absagen für etwas ganz anderes gut.
Aus einer Absage, die ich vor über 20 Jahren im Rahmen meiner Tätigkeit in einer Kölner Filmproduktion an eine Berliner Drehbuchautorin schrieb, ist damals bis heute eine ganz wunderbare Freundschaft geworden. Wir konnten ihr Drehbuch leider nicht in Form eines Filmes umsetzen. Doch ich nahm mir die Zeit und schrieb ihr sehr ausführlich. Und sie antwortete sehr dankbar und ausführlich … So ging es hin und her. Wir sind immer noch tief verbunden.

Niemand stirbt. Oder nur kurz.
Und man muss auch mal eines sehen: Absagen sind echt unschön. Absagen tun sauweh. Aber letzten Endes stirbt niemand daran. Ja, manchmal stirbt eine Buchidee, weil sie sich einfach nicht im Rahmen der großen Publikumsverlage oder kleinerer Verlage verkaufen lässt. Dann bleibt immer noch der Selbstverlag, der ja heute technisch jedem offensteht. Doch wenn ein Autor darauf keine Lust hat, dann ist es besser, eine Geschichte würdevoll zu beerdigen – und auf neue Ufer zuzuschwimmen. Die Welt ist voller Ideen.

Zeige deine Wertschätzung – auch und gerade bei einer Absage.
Es gibt vieles, was ich am Verlegerberuf mag, aber eine Sache hat mir nie gefallen: Wenn so gar keine Antwort des Autors oder der Autorin kam, nachdem ich ein Manuskript geprüft hatte und leider ablehnen musste. Ich finde es ein Zeichen der Wertschätzung, wenigstens ein kurzes „Danke!“ zu schreiben. Immerhin widmet man diesem Autor und seinem Buch, seiner Idee, wertvolle Lebenszeit und Lebenskraft. Das kann man als Selbständiger und auch als Angestellter nicht unbegrenzt machen, denn dann käme man überhaupt nicht mehr zum Geldverdienen oder zum Erledigen der vielen anderen Aufgaben. Die meisten Autoren haben in den letzten Jahren zum Glück immer sehr wertschätzend auf meine Feedbacks reagiert, manche jedoch aber nur mit Funkstille geantwortet. Solch eine Einstellung mag ich nicht. Hier fehlt es einfach an Bewusstsein.

Drüber reden hilft.
Natürlich sprechen wir alle viel lieber über unsere Erfolge. Und es fühlt sich ja auch einfach viel besser an, seinen Freunden und dem Lebenspartner sagen zu können: „Ich hab ein JA bekommen, ich bekomme einen Vertrag und … Tausend Euro, juhu!“, als sagen zu müssen: „Sie haben mein Buch abgelehnt. Alle 17 Verlage.“ Doch ich kann dir sagen, dass es gut tut, mit jemandem darüber zu sprechen. Hole dir Trost, weine dich aus, iss eine Tafel Schokolade auf ex oder stoße mit etwas Hochprozentigem an auf deinen Mut, es überhaupt probiert zu haben. Denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Das ist beim Tanzkurs so, beim Küssen, beim Heiratsantrag und eben auch beim Bücherschreiben.

Ich drücke dir die Daumen, dass es eines nahen Tages auch bei dir mit einem JA seitens eines tollen Verlages klappt. Ich wünsche dir, dass in die Welt kommt, was du zu sagen hast, auf welchem Wege und in welcher Form auch immer.

Lass dich nicht entmutigen. Mach Konfetti aus den Absagen und lass deine Worte weiter in die Welt tanzen. Irgendwo steht da einer rum, ein Glas in der Hand, der diesen Tanz genau mit dir weitertanzen will. Die Suche lohnt sich, denn das Gefühl, mit den richtigen Menschen an der richtigen Sache zu arbeiten ist einfach wundervoll – noch viel besser und viel schöner als alle Küsse zusammen, die wir nie geküsst haben!

In der nächsten Folge widmen wir uns dem Thema „Stilles Örtchen – oder was ist der perfekte Schreibort?“. Ich freue mich, wenn du wieder dabei bist.

Bis dahin mach es gut, schreib dein Buch – und schick es auf die Reise!

Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Beraterin für Expertenmarketing, Sichtbarkeit und Positionierung

KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 30 Büchern bei 7 großen Verlagen und mehrmals pro Jahr als Ghostwriterin für Speaker, Trainer und Coaches tätig.
Ihre Bücher wurden u. a. zu SPIEGEL-Bestsellern und große Verlagshäuser kommen auf sie zu, um neue Ideen für Serien zu entwickeln.

Als Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren 50 Projekte auf dem Weg von der Produktion bis in den Handel betreut.

In persönlichen Coachings und Beratungen für Unternehmer*innen und Selfpublisher*innen berät sie von der ersten Idee für ein Buch über die Konzepterstellung und Dramaturgie sowie dem textlichen Feinschliff bis zum fertigen, gedruckten Buch, das der Autor in Händen hält.

Ihre Leistungen werden in vielen Fällen staatlich bis zu 50-80% gefördert. Kontakt: hallo@angermayer-sorriso.com