Da ich seit vielen Jahren auch erfolgreiche Kinder- und Jugendbuchautorin bin, kommen häufig Menschen zu mir in die Beratung und fragen mich: „Ich möchte aus meinem Thema ein Kinderbuch machen. Geht das?“
Grundsätzlich geht das. Es gibt wunderschöne und auch sehr gut laufende Bücher für kleine und größere Kinder zum Thema innere Einstellung, Mut, Mobbing, Tod, Veränderungen, Überwindung von Traumata, Selbstliebe … Ganz wichtig bei dieser Antwort ist es, ein Buch für Kinder als eigenständiges Werk zu betrachten. Einfach 1:1 ein Buch für Erwachsene auf Kinder zu übertragen, funktioniert nicht. Worauf es bei der Adaption deines Buches für die „kleinen großen Leser“ am allermeisten ankommt, darum dreht sich die heutige Folge.
Sicher hast du es schon bemerkt: Im Buchhandel hängen manchmal kleine Aufkleber an den Regalen, auf denen steht: „4-6 Jahre“, „6-8 Jahre“, „8-10 Jahre“ … Die Verlagswelt berücksichtigt damit den wichtigen Aspekt, dass Kinder sich in ganz schmalen Zeitabschnitten rasend schnell entwickeln, körperlich wie mental. Ein Buch für „5-17-Jährige“ zu planen, weil das Thema für alle Kinder und Jugendlichen dieses Alters wichtig ist, ist daher nicht angeraten. Kein 5-Jähriger greift nach einem Buch für Teenies, die kurz vor der Stufe zum Erwachsensein stehen, und umgekehrt.
Definiere daher sehr genau die Altersgruppe, für die dein Buch geeignet ist.
Wenn du eigene Kinder hast oder Menschen mit Kindern in deinem Umfeld, dann beobachte genau, was diese bereits lesen. Die Kinder von heute sind einen großen Schritt weiter als ich selbst es Mitte der 1970-er Jahre war, als ich zur Welt kam. Dementsprechend sind auch die Bücher heute anders aufbereitet.
So mancher, der dachte, sein Buch wäre für 12-14-Jährige noch interessant, ging nach einer Beratung bei mir mit der Erkenntnis nach Hause, dass seine „spannende Geschichte“ eher für die 6-8-Jährigen von heute geeignet ist.
Wir dürfen nicht vergessen: YouTube, Netflix, Disney+ und TikTok haben Einzug bei uns gehalten und sind aus den meisten Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken.
Wenn du deine ideale Altersgruppe kennst, nimm dein Vokabular unter die Lupe.
Kinder im Alter von 6 Jahren verfügen bereits über einen großen Wortschatz. Doch gewisse Wörter, die zu lang oder zu kompliziert sind, streichen mir meine Verlage, mit denen ich zusammenarbeite, regelmäßig aus den Texten heraus.
Das Wort „Glubschaugen“ ist für einen Erstleser, der gerade erst lesen lernt, einfach noch nicht geeignet, ebenso wie lange, zusammengesetzte Wörter wie „Lichtgeschwindigkeit“. Das solltest du wissen, bevor du mit dem Schreiben startest. Einfache Sprache macht bei Kinderbüchern den Reiz aus und ist oberstes Gesetz: Schaffe es, deine Geschichte in möglichst einfachen Worten zu erzählen – und trotzdem spannend und wendungsreich! Das ist nicht so leicht, wie es scheint.
Passe dein Erzähltempo deinen Lesern an.
Ich sagte es gerade: Die großen „Streamer“ und rasend schnelle, ultrakurze Videos auf YouTube und andere Plattformen sind Teil des Alltags unserer Kinder geworden. Gestalte daher deine Geschichte so spannend und temporeich wie möglich. Gleichzeitig dürfen keine zeitlichen Sprünge entstehen. Wenn z. B. erst Nachmittag in deiner Geschichte ist, dann darf das folgende Kapitel nicht am kommenden Morgen beginnen, ohne kurz erwähnt zu haben, was am Vortag noch bis zum Abend passierte und dass dein Protagonist dazwischen auch noch schlafen ging – dies jedoch, ohne langatmig zu sein. Stringenz ist also für kleine Leser wichtig.
Mädchen oder Jungen? Für wen schreibe ich?
Man muss ganz offen sagen, dass Mädchen in der Regel die größeren Leseratten sind. Daher werden sehr viele Reihen in den großen Verlagen für die weibliche Zielgruppe konzipiert und das Angebot für Jungs ist eher begrenzt. Doch es hat sich in den letzten Jahren viel getan, gerade auch in dem Bereich, der Comic-Zeichnungen einschließt (Gregs Tagebuch und andere). Da greift dann auch mal mein ansonsten eher lesemüder Sohn (14) zu, während meine Tochter (12) locker einen 300-Seiten-Band reinen Text ohne jeglichen Pinselstrich in wenigen Tagen wegschnabuliert und ich mich kaum noch traue, bei Flugbuchungen nur Handgepäck für sie zu ordern. („Warum ist am Ende vom Buch immer noch so viel Urlaub übrig?“)
Mir als Autorin wird es in der Regel vom Verlag vorgegeben, ob die geplante Reihe eher für Mädchen oder für Jungen geschrieben werden soll. Ich selbst halte es so, dass die Geschichten immer gut und gern lesbar für beide Geschlechter sind. Alle Geschlechter (auch natürlich diejenigen, die ich hier nicht aufgeführt habe) sollen großen Spaß an meinen Büchern haben. Das ist der Einflussbereich, in dem ich mich bewege. Um die Covergestaltung und alles Weitere kümmert sich der Verlag.
Muss ich einen Illustrator mitbringen?
Das fragen mich viele Autoren, die eine schöne Idee haben, aber keinen kennen, der gut zeichnen kann. Hier kann ich beruhigen: Die Verlage greifen auf ihren Pool von Illustratoren zurück. Sie sind natürlich offen für neue Künstler, doch es ist kein Muss, wenn man Kinderbuchautor sein möchte, dann auch gleich den illustrierenden Partner mitzubringen.
Es genügt vollkommen, deine Idee mit Exposé und Leseprobe als reines Text-Dokument einzureichen. Ich sage dies aus gutem Grund, denn es kamen schon Menschen zu mir, die ein komplettes Buch fertig illustrieren ließen – was ein enormer Aufwand für einen Illustrator bedeutet! – und nach meiner Beratung stellten sie fest, dass die Dramaturgie der Geschichte überhaupt nicht funktionierte. Da war das Leiden groß, denn ein Umarbeiten des Textes hätte in dem Fall auch große Umarbeitungen der Bilder erfordert. Oft stirbt dann ein solches Projekt, wenn nicht beide Seiten bereit sind, noch einmal sehr viel Zeit, Energie und Liebe hineinzustecken, was mir immer von Herzen leidtut. Doch man kann ein Buch nun mal nicht halbfertig, gähnend langweilig bzw. ohne ausgearbeitetes Thema in die Welt entlassen.
Wenn du dein Buch selbst verlegen möchtest, dann findest du in der „Illustratoren Organisation“, die in Frankfurt sitzt, Hunderte Künstler mit ganz verschiedenen Stilrichtungen und ihren Portfolios, die du ansprechen kannst:
https://illustratoren-organisation.de/portfolios/
Ich verweise an dieser Stelle auch noch auf meine beiden früheren Folgen dieser Beitragsreihe, in denen es um die Frage geht „Verlag oder Selbstverlag: Welcher Weg ist der richtige für mich und mein Buch?“ und „Exposés schreiben, die die Entscheider begeistern und dir die Türen in die Verlagswelt öffnen“:
https://germanspeakers.org/erfolgreich-buecher-schreiben-verlegen-vermarkten-folge-8-verlag-oder-selbstverlag-welcher-weg-ist-der-richtige-fuer-mich-mein-buch-mein-unternehmen/
https://germanspeakers.org/erfolgreich-buecher-schreiben-verlegen-vermarkten-folge-9-mach-es-sexy-exposes-schreiben-die-entscheider-begeistern-und-dir-die-tueren-in-die-verlagswelt-oeffnen/
Mein Tipp für dich heute: Hol dir Kinder als Testleser ins Boot.
Es nützt gar nichts, wenn deine Freunde, dein Partner oder jemand aus deinem beruflichen Umfeld deine Idee für dein Kinderbuch oder deine Reihe spitze finden und großes Lob über dich ausgießen. Diejenigen müssen begeistert sein, für die du letztlich schreibst!
Lass daher Kinder in genau deiner angestrebten Altersgruppe deinen Text lesen oder lies ihn ihnen vor. Du wirst sehr genau an den Reaktionen erkennen, ob du deine Leser begeistern und in „potenzielle Käufer“ verwandeln konntest.
Natürlich sind es im Bereich Kinderbuch auch immer zunächst die Eltern oder Großeltern, die das Buch im Handel erwerben – diese gilt es also ebenfalls positiv zu berühren – doch bevor du dein Buch bei einem Verlag einreichst oder es selbst unter viel Aufwand an Zeit und Kosten veröffentlichst, solltest du den Testlauf immer am quicklebendigen Leser deiner angestrebten Altersgruppe machen.
Das war´s für heute von mir. Wir lesen uns in der nächsten Folge wieder, in der es um das Thema geht: „Ein Mix aus Roman und Ratgeber – funktioniert das?“
Ich freu mich auf dich!
Bis dahin mach es gut – und schreib dein Buch!
Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Beraterin für Expertenmarketing, Sichtbarkeit und Positionierung
KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 30 Büchern bei 7 großen Verlagen und mehrmals pro Jahr als Ghostwriterin für Speaker, Trainer und Coaches tätig.
Ihre Bücher wurden u. a. zu SPIEGEL-Bestsellern und große Verlagshäuser kommen auf sie zu, um neue Ideen für Serien zu entwickeln.
Als Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren 50 Projekte auf dem Weg von der Produktion bis in den Handel betreut.
In persönlichen Coachings und Beratungen für Unternehmer*innen und Selfpublisher*innen berät sie von der ersten Idee für ein Buch über die Konzepterstellung und Dramaturgie sowie dem textlichen Feinschliff bis zum fertigen, gedruckten Buch, das der Autor in Händen hält.
Ihre Leistungen werden in vielen Fällen staatlich bis zu 50-80% gefördert. Kontakt: hallo@angermayer-sorriso.com

Hinterlasse einen Kommentar