von Karen Christine Angermayer

Oft werde ich in Interviews und Workshops gefragt: „Wie wird denn mein Buch zum Bestseller? Was kann ich als Autor dafür tun?“. Und dann hole ich immer erst einmal Luft. Denn die Antwort ist entweder ganz kurz – oder ganz lang.

Man könnte die Frage vergleichen mit dieser: „Wie füllt ein Fußballverein sein Stadion?“ Schon vorweg: Der Fußballverein hat es sicher nicht leichter als ein Autor oder Verlag – aber er weiß bereits zu Beginn des Spiels, wie viele Tickets er verkauft hat. Der Buchautor und sein Verlag wissen es erst nach Monaten oder Jahren.

Viel Spaß bei der heutigen Folge!

Zunächst ist es wichtig zu wissen, ab wann ein Buch überhaupt als Bestseller gilt. Im Bereich Sachbuch und Ratgeber ist dieser Status nämlich viel schneller zu erreichen als in der Belletristik (Fiction). Während bei Kinderbüchern, Romanen, Krimis, Thrillern etc. erst mal hübsch 20.000, 30.000 oder 50.000 Exemplare über den Ladentisch gehen dürfen, um als Bestseller zu gelten, ist dies im sog. Nonfiction-Bereich anders: Schon 3.000 oder 5.000 Exemplare machen einen Verlag hier glücklich, spielen die Produktionskosten wieder herein (je nach Ausstattung und Ladenpreis) und gelten daher schon als guter Verkauf.

„Wenn alles zusammenkommt.“
So würde die kurze Antwort auf die Frage lauten, wie dein Buch zu einem Bestseller wird. Anders gesagt: Wenn du mit einem superguten Buch und einem erstklassigen Vertrieb zur rechten Zeit am rechten Ort bist. Fertig.

Für die längere Antwort muss ich etwas ausholen. Denn die oben genannten Aspekte bestehen natürlich aus einzelnen Teilen. Und diese spielen wie ein feingliedriges System aus Zahnrädchen ineinander, wie bei einem Uhrwerk, damit dein Buch zum Erfolg wird und nicht als Ladenhüter beim Buchhändler verstaubt – oder es erst gar nicht in den Buchhandel schafft (wie leider viele sehr gute Bücher, selbst von großen Verlagen!).

Die längere Antwort und ihre einzelnen Bestandteile.
Zu einem Bestseller gehören:
1. Eine geniale Idee.
2. Ein supergutes Manuskript, das deine Leser vom Hocker haut.
3. Ein sexy Titel, der wie ein Magnet auf deine potenziellen Käufer wirkt.
4. Eine große, kaufwillige Community.
5. Ein exzellenter Vertrieb (deines Verlages oder deines Selbstverlages) inklusive PR.
6. Fleißige Multiplikatoren.
7. Produkte oder Veranstaltungen, die dein Buch befördern (z. B. Seminare, Vorträge, Lesungen, Coachings, Bundles).
8. Und ein Quäntchen Glück – insbesondere das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Uff, denkst du jetzt vielleicht. Dann lass ich es doch besser sein, die Sache mit dem Buch. Oder hänge meinen Glauben von „Der nächste Bestseller – der bin ich“ lieber gleich an den Nagel. Nein! Das brauchst du nicht. Ich möchte einfach, wie in jeder Folge dieser Reihe, offen und ehrlich aus vielfacher Erfahrung zu dir sprechen.

Ich durfte auf meinem eigenen Weg, der inzwischen mehr als 30 Bücher als Autorin umfasst, dazu über 50 weitere als Ghostwriterin und als Verlegerin, alle Schattierungen des Erfolges erleben. More than 50 shades sozusagen. Ich durfte hohe Auszahlungen erleben, die einen die durchgeschriebenen Nächte, Abende, Wochenenden und Urlaube vergessen ließen, an denen man seine Familie und Freunde nur „in Spuren“ sah, wenn überhaupt. Und ich durfte erleben, dass wunderbare Bücher, in die sehr viel investiert wurde von allen Beteiligten (Zeit, Energie, kreative Kraft, Geld) nicht den Bruchteil des Erfolges hatten wie die „bestselligen“.

Was man hätte besser machen können, und ob überhaupt, das zeigt sich immer erst im Nachhinein. Ich persönlich bin der Meinung, dass in der Buchbranche „Beta-Tests“ oder Previews schon lange überfällig sind, um eine potenzielle Verausgabung in so vielen Bereichen zu vermeiden.

Daran merkst du: Erfolge sind in der Buchwelt nicht planbar.
Da kann dir jemand erzählen, was er will. Alle Beteiligten können und sollten immer ihr Bestes geben – nein, ihr Allerallerallerbestes – doch das Ergebnis bleibt im Verborgenen, bis das Buch auf der Welt ist.

Du weißt es erst, ob dein Buch Erfolg hat oder nicht, wenn es da ist. Geschrieben. Lektoriert. Gedruckt. Im Handel.

Du solltest darüber hinaus, gemeinsam mit deinem Verlag, einen langen Atem haben. Denn jedes Buch braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Auch zahlenmäßig.

Manche Bücher gehen direkt bei Erscheinen durch die Decke. Manche Bücher kommen erst nach 2-3 Jahren so richtig zur Blüte. Und ich habe gerade selbst den Fall erlebt, dass der Verlage eine meiner Reihen nach den ersten 3 Bänden wieder einstellen wollte – und sich plötzlich so ein Aufschwung in den Verkaufszahlen ergab, dass ich nun ganz zügig die nächsten beiden Bände schreiben darf.

Alles ist möglich in dieser Welt, so auch in der Buchwelt. Dafür sollten wir immer offen bleiben. Und dafür braucht es auch gute Partner, die Vertrauen haben in dich und dein Werk. Die den Dingen Raum geben. Und die eben nicht nur auf die Zahlen schauen, obwohl ein Unternehmen das nun mal vorranging muss.

Dein Bucherfolg steht und fällt mit einem exzellenten Vertrieb – und Menschen, die kaufen.
Wenn ich die oben genannten 8 Punkte nach ihrer Wichtigkeit sortieren sollte, dann fällt es mir schwer. Denn, wie gesagt, alle Zahnrädchen greifen ineinander. Wenn alles passt – alles zusammenkommt -, dann ist der Erfolg deines Buches so gut wie unvermeidbar. Manche Rädchen dürfen ruhig auch etwas „hinken“ – dann klappt es trotzdem mit den tollen Verkaufszahlen und dem super Ranking, weil andere Punkte sie wieder ausgleichen.

Doch was du auf jeden Fall immer beachten und gut aufbauen solltest – und das sowohl an der Seite eines großen Verlags wie auch im Selbstverlag – sind dein Vertrieb und deine Community. Damit steht und fällt jedes Projekt, nicht nur bei Büchern.

Deine Fangemeinde kann noch so groß sein – wenn keiner dein Buch kauft, hast du zwar Fans, aber keine Leser. In deiner Familie und in deinem Freundeskreis können alle noch so begeistert sein – wenn keiner „klick-klick“ im Internet oder beim Buchhändler macht, dann hast du viel freundliche Gesinnung, viele Herzchen auf FB, aber kein Geld auf dem Konto.

Verrückterweise sorgt nicht unbedingt ein großes Verlagshaus für große Verkaufszahlen: Ich kenne Unternehmer, die haben eine dieser „free plus shipping“-Aktionen gemacht (kostenfreies Buch, Kunde bezahlt nur die Versandkosten) und haben dabei 11.000 Bücher verschickt! Wenn sie auch nur 5,- Euro fürs „Porto“ genommen haben (wir alle wissen, dass das Porto für ein Buch von nicht allzu großem Umfang bei Euro 1,45 für die Briefmarke liegt) – dann ist der Rest des Geldes ihnen. Abzüglich den Kosten für die Briefumschläge und für die Studenten oder Hilfskräfte, die die Bücher eingetütet und zur Post gebracht haben. Aber immerhin. Vor allem, und das ist das Ausschlaggebende – haben diese Unternehmen 11.000 neue potenzielle Kunden gewonnen, die auf die Website gehen und eventuell weitere Produkte kaufen …

Daran siehst du, was alles möglich ist, wenn die Community auch wirklich KAUFT und dein Vertrieb sauber aufgebaut ist. Nach dem Spiel ist hierbei natürlich auch vor dem Spiel: Hinter dem Buchkauf sollte dann optimalerweise schon das nächste Produkt auf deine Leser warten: ein Hörbuch, ein Online-Kurs usw.

Welche Produkte hast du, die dein Buch noch befördern? Fußballvereine verkaufen Trikots, Schals, Frühstücksdosen, Flaschenöffner, Mitgliedschaften … Sie verdienen Unmengen an Geld mit derartigen Begleitangeboten. Was könnte dies bei dir sein?

„Hey, das musst du lesen!“
Fleißige Multiplikatoren sollten im „Bau“ deines Bestsellers auch auf keinen Fall fehlen: Wer bewirbt dein Buch aktiv mit? Wessen Buch könntest du aktiv mitbewerben – vielleicht im Austausch? Schließe gewinnbringende Kooperationen. Je mehr auch andere gut über dein Buch sprechen – und nicht nur du selbst – umso besser!

Und was ist mit Qualität?
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich bei meinen 8 Punkten oben nicht von Qualität gesprochen habe. Zählt denn die Qualität nicht – ist sie nicht ausschlaggebend für den Erfolg? Ja und Nein.

Ich kann für mich sagen: Höchste Qualität ist bei allem, was ich tue, mein allererster Anspruch. Doch interessanterweise kommt die Qualität erst zur Geltung, wenn das Buch bereits gekauft wurde.

Deine Leser müssen das Buch erst erwerben – dann lesen sie es. Und danach entscheidet sich, ob sie es mögen oder nicht. Es ist ähnlich wie beim Bäcker: Wir kaufen die Brötchen, und wissen erst zu Hause am Frühstückstisch, ob sie uns auch schmecken. Der Bäcker aber, der reibt sich die Hände, weil seine Auslage leer ist. Denn die Kohle, die ist schon in der Kasse.

Nun kann man sagen: „Ja, aber wenn das Buch grottenschlecht ist und lauter 1-Sterne-Bewertungen bei Amazon hat“, dann kauft´s ja auch keiner mehr.“

Das ist richtig. Ich rate daher immer dazu, für deine Leser wirklich das Beste zu geben und es niemals an deiner Qualität mangeln zu lassen. Das garantiert nicht durchweg 5 Sterne, weil Menschen nun mal verschiedene Geschmäcker haben, macht die Wahrscheinlichkeit aber gleich viel größer, dass es viele Sternchen regnet.

Wo wir dabei sind – manchmal spielt auch Geld eine Rolle.
Wusstest du, dass ein New York Times Bestseller eine Viertelmillion Dollar an Marketingbudget kostet? Hättest du das gedacht?

Man kann in der Buchwelt nicht pauschal sagen, dass immer Geld dahintersteckt, wenn ein Buch sehr gut im Handel platziert ist: das Cover einladend nach vorn (nicht nur der Buchrücken schmal und fast zu übersehen), vielleicht sogar in Stapeln im Eingangsbereich oder auf speziellen Tischen … Doch Buchhändler haben in ihrem Laden nur begrenzt Platz. Da ist es doch sehr nachvollziehbar, dass sie sich gut überlegen müssen: Welches Buch präsentiere ich wie? Und ein wenig finanzieller Anschub und attraktive Pakete von Verlagen werden da schon gern gesehen.

Auch bei dem großen Internethändler mit dem großen „A“ springen uns inzwischen die gesponserten Produkte entgegen, obwohl wir nach etwas ganz anderem gesucht haben …

Beobachte mal mit Bewusstheit beim nächsten Gang durch deine Lieblingsbuchhandlung (oder auch im Internet), wie die einzelnen Titel präsentiert sind. Und sprich auch mit deinem Verlag darüber, wie er plant, dich zu präsentieren. Dies hilft im Vorfeld, so manche Enttäuschung im Nachhinein zu vermeiden.

Abschließend sind mir noch zwei Gedanken heute sehr wichtig für dich.

Bestseller werden ist ein Weg.
Das Unternehmen Tesla gibt es seit 2003. Ich muss sagen: Mir sind die Autos erst in den letzten 4-5 Jahren aufgefallen. Viele andere heute sehr erfolgreiche Unternehmen haben einen langen Weg hinter sich. Auch Künstler wie Comedians oder Sänger treten viele Jahre in kleineren Clubs auf, bevor sie die großen Bühnen erreichen. Mein eigener Weg dauert ebenfalls jetzt schon über 20 Jahre (und ich muss noch selbst schreiben – mein Computer tippt nicht von selbst wie ein Tesla und warnt mich auch nicht rechtzeitig vor schlechten Sätzen oder Fast-Kollisionen mit dem Geschmack anderer Menschen). Ich bin daher kein Fan von Mechanismen, die uns glauben machen, dass die Dinge über Nacht eintreten.

Über-Nacht-Erfolge gibt es gewiss. Doch ich kenne eine Vielzahl von Menschen, die einfach über viele Jahre anhaltend hart gearbeitet und sich engagiert haben. Wir alle sind glücklich, wenn uns manches schneller in den Schoß fällt. Meine Erfahrung ist: Dem geht immer ein Weg voraus. Ein Lernen, Hinfallen, Aufstehen, Weitergehen, Wachsen. Und für jeden von uns ist diese Strecke entweder länger oder kürzer. Ich bin glücklich und freue mich von Herzen für jeden, der sein Ziel schneller erreicht.

Dennoch solltest du nicht verzagen oder mutlos werden, wenn es nicht gleich mit den ganz großen Zahlen im Buchhandel klappt. Das ist überhaupt nicht schlimm. Und es sollte vielleicht auch nicht das vorrangigste Ziel sein – denn mit diesem einzigen Ziel „in mind“, geht viel vom Genuss am Gesamtweg verloren.

Ein eigenes Buch zu entwickeln und zu bemerken, was es in der Welt bewirken kann, ist etwas Wunderschönes. Es ist ein bisschen wie beim Kinderkriegen. (Sonst hätten wir Frauen damit schon längst aufgehört.)

Auch Sichtbarkeit geschieht auf so vielen guten Wegen. Meine Empfehlung ist daher: Bleib immer dran. Geh einen Schritt nach dem anderen. Dann erreichst du das Licht der Welt – und die immer größer werdenden Bühnen. Und dein Buch auch.

My personal story. True – und überhaupt nicht „sad“. Im Gegenteil.
Ich erzähle immer wieder gern die Geschichte von einem meiner Bücher, das mein bisher persönlichstes war. Leider wurde es bereits 3 Jahre nach Erscheinen wieder vom Verlag aus dem Handel genommen – weil es seine Zahlen nicht erreicht hat und für den Verlag nicht rentabel war. Eines Tages, vor etwa 9 Jahren, flatterte eine Postkarte in meinen Briefkasten. Ohne Absender. Von Hand geschrieben. Ich nehme an, von einer Frau, die Schrift sieht zumindest weiblich aus. Ich habe diese Postkarte immer noch.

Auf der Karte steht: „Liebe Frau Angermayer, Sie haben viel Licht in meine dunkle Zeit gebracht. Dafür danke ich Ihnen von Herzen …“ Ich musste vor Rührung weinen, als ich die Worte las. Ich weiß, dass die Karte genau jenem Buch galt, das heute nicht mehr im Handel ist.
Ich weiß bis heute nicht, wer sie mir geschickt hat, diese Karte. Doch ich weiß eines: Ich werde sie immer aufbewahren. Und ich sage ein großes DANKE an den Menschen, der sie mir geschrieben hat. Wer auch immer es sein mag. DANKE!

Diese wundervolle Erfahrung, mit meinem Buch auch nur das Leben eines Menschen verändert zu haben, ist für mich viel mehr wert als jedes tolle Ranking bei Amazon oder auf einer Bestsellerliste.

Mein Tipp für dich: Kläre dein WARUM.
Wichtig – bei allen berechtigten Gedanken um den Erfolg deines Buches, die du dir machst – finde ich daher auch immer die Frage nach dem WARUM: Warum tust du, was du tust? Warum schreibst du dein Buch? Für wen? Und mit welchem Ziel? Was willst du persönlich damit erreichen?

Für manche Autoren steht ein gutes Ranking an erster Stelle. Vielen anderen ist es wichtiger, etwas Hochwertiges zu haben, das ihr Wissen gut auf den Punkt bringt und das sie ihren Kunden in den Hand drücken können. Autor sein – das zählt immer noch. Vor Autoren haben die Menschen Respekt. Autoren sind Menschen, die ihre guten Gedanken in klare Worte fassen können. Die Wissen vermitteln. Die uns weiterbringen.

Deine Sichtbarkeit und deinen Expertenstatus erhöht dein Buch auf jeden Fall. Jedes Buch, das der Kunde von dir im Handel sucht und findet, zeigt, dass du „da“ bist. Dass es dich gibt. Ganz unabhängig von den Verkaufszahlen.

Behalte das immer im Hinterkopf.

Ich hoffe, ich konnte auch heute wieder viele gute Gedanken in dir anregen, die dich weiterbringen. Der Beitrag ist recht lang geworden, Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, und es gäbe noch so viel mehr zu sagen. Doch jetzt will ich, dass du schreibst! Erfolgreich schreibst!

Wir lesen uns in der nächsten Folge wieder – und in der geht es um den letzten Satz. Mehr wird noch nicht verraten.

Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Beraterin für Expertenmarketing, Sichtbarkeit und Positionierung

KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 30 Büchern bei 7 großen Verlagen. Als Ghostwriterin und Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren über 50 Projekte von der ersten Idee bis zum vertriebsreifen Buch betreut. Außerdem hat sie in persönlichen Coachings und Beratungen unzählige Manuskripte vor dem sicheren Tod gerettet.

Als Beraterin für Speaker, Trainer und Coaches begleitet sie in den Phasen Dramaturgie, Exposé, Manuskript, Verlagssuche, Kalkulation, Herstellung und Vermarktungskonzepte. Sie berät Selbständige und Unternehmen zu den Themen Sichtbarkeit, Positionierung, Online- und Offline-Marketing, Funnels und Veröffentlichungen. Ihre Leistungen werden in vielen Fällen staatlich bis zu 50-80% gefördert. Kontakt: www.angermayer-sorriso.com