Willkommen zu Teil 2 rund um den Feinschliff deines Buches und deiner täglichen Texte! Ich hoffe, du konntest die 10 Anregungen der letzten Folge schon freudig und erfolgreich einsetzen und Kunden wie Verlage haben schon mit einem größeren Scheck gewunken, weil sie deine Texte lieben. Vielleicht war dir mancher Blickwinkel bei den 10 Anregungen schon vertraut. Probiere auch bewusst andere Herangehensweisen an deine Texte aus.
Heute schauen wir uns 10 weitere Tipps und Tricks an, wie du deinen Buchtext, Blogartikel, Newsletterbeiträge und vieles mehr auf „Weltbestsellerniveau“ hebst. Viel Spaß dabei!
Ich drucke mir die erste Fassung eines Textes in der Regel komplett aus, bei kurzen Schriftstücken wie auch bei langen. Mit dem Papier in der Hand habe ich ein viel besseres Gefühl für den Informationsfluss, die Grundstimmung und die Wirkung der einzelnen Wörter, als wenn ich sie rein auf dem Bildschirm betrachte.
Wenn ich die erste Fassung mit einem Kugelschreiber oder Füller – ja, tatsächlich von Hand – bearbeite, sieht sie zunächst aus wie Kraut und Rüben. „Hauptsache du weißt, was gemeint ist“, sagte neulich mein Liebster zu mir, als er über meine Schulter schaute. Ja, ich weiß, was gemeint ist.
Diese Kraut-und-Rüben-Fassung schleife ich dann am Computer fein und drucke sie wieder aus. Dann beginnt das Spiel von neuem. Dieser zweite Ausdruck bekommt meist nicht mehr so viele Randbemerkungen, weil er schon deutlich besser ist als der erste Entwurf … Die dritte Version wiederum hat vielleicht nur noch 2-3 Stellen pro Seite, an die ich noch mal ran will. Das Unkraut lichtet sich.
Diese feinteilige Arbeit ist nötig, auch wenn sie Zeit und Energie kostet. Wie in der letzten Folge schon gesagt, gelingen uns manchmal wahre Glanzstücke beim ersten Wurf, doch fragt man erfahrene Schreiber, dann legen sie auf die Überarbeitung besonderen Wert. John Irving soll einmal gesagt haben: „Meine Bücher werden beim Bearbeiten das, was sie sind.“ Ich glaube ihm aufs Wort.
Auf geht´s – Spaten bzw. Stift in die Hand, springen wir rein in die Kräuter und Rüben, die ich dir heute mitgebracht habe!
(Punkt 1-10 findest du in der vorherigen Folge, daher beginnt es hier mit 11.)
11. Erwirb den Jagdschein für Konjunktive!
Pirsche dich an alle „Möglichkeitsformen“ wie „hätte, könnte, sollte, müsste, dürfte, würde“ heran und ersetze sie durch klare Aussagen. Auch Scheinformen (es scheint zu sein) braucht es nicht. Schreibe: „Es wird …“ und „Es ist …“, schließlich stehst du fest in deinem Thema und musst nicht um den heißen Brei herumreden.
12. Pack die passiven Formen am Schlawittchen – und werde aktiv!
Statt „Das Schwimmbad wird heute um 17 Uhr geschlossen“ schreibe „Das Schwimmbad schließt heute um 17 Uhr.“ Punkt. Dein Leser ist ein Mensch mit einem (hoffentlich aktiven) Herzschlag. Er „wird auch nicht gelesen“, sondern er liest.
13. Doppelt gemoppelt hält bei Texten nicht besser.
Manche Menschen meinen, sie müssten den Wolkenkratzer riesig machen, das Abenteuer spannend, den weißen Schimmel durch das farbliche Adjektiv noch weißer machen … Doch dies gibt deinem Text keinen Mehrwert. Weniger ist dagegen mehr. Von einem Wolkenkratzer nimmt man an, dass er im Vergleich zu anderen Häusern groß erscheint, und
ein Abenteuer ist per se spannend, sonst ist es keins.
14. Hast du schon Kino im Kopf?
Läuft der innere Film bei dir, wenn du deinen Text liest? Oder läuft da gar nichts? Wenn sich vor deinem inneren Auge nichts rührt, während du deinen eigenen Text laut oder leise liest, dann rührt sich auch bei deinem Leser mit großer Wahrscheinlichkeit nix! Prüfe, ob du genügend und vor allem unverbrauchte Bilder nutzt. Lass einen großartigen Film im Kopf deines Lesers entstehen, der so packend ist, dass er deinen Text nicht mehr aus der Hand legen will und ihn regelrecht inhaliert.
Der beste Gradmesser dafür ist dein eigenes Gefühl. Wenn auch nur ein Hauch von Langeweile oder Desinteresse aufkommt, wenn du deinen Text selbst liest, dann schreib ihn lieber noch mal neu. Die Energie, die du beim Lesen verspürst, sollte immer am Maximum sein. Bei jedem einzelnen Wort. Jeder Satz sollte den Leser dazu verführen, auch den nächsten lesen zu wollen. Und noch einen …
15. Manchmal braucht es eine andere Perspektive.
Einen Roman kann man aus den verschiedensten Perspektiven schreiben: Aus der Sicht der Hauptfigur, einer Nebenfigur, eines auktorialen Erzählers … Auch einen Ratgeber kannst du aus der Sicht eines Experten schreiben – oder eines Menschen, der das Thema live erlebt hat (am eigenen Körper, in der eigenen Beziehung, auf dem eigenen Bankkonto …) und der nun davon berichten kann. Oder du interviewst mehrere Experten und lässt ihre verschiedenen Blickwinkel einfließen. Prüfe, ob du bereits die für deinen Text optimale Perspektive gewählt hast. Wie würden ganz alte Menschen auf das Thema schauen? Wie die ganz jungen? Wie ein Kind? Wie würden andere Geschlechter, von denen es ja immer mehr gibt, an die Sache herangehen, welchen Blick haben sie?
16. Versetze dich in die Rolle deines Lesers.
Nimm beim Lesen deines Entwurfes bewusst die Rolle deines Lesers ein. Schlüpf in seine Schuhe, setz dich auf seine Couch oder seinen Bürostuhl. Versteht er, was du sagst? Nimmst du ihn genügend an der Hand? Ist die Struktur deines Textes klar und nachvollziehbar – oder galoppiert sie ab dem zweiten Satz wild durchs Gelände? Mach es deinem Leser immer so leicht wie möglich, dir zu folgen. Dazu sind oft Umbaumaßnahmen erforderlich und ganz einfache, klare Abfolgen, denn dein Leser kommt in der Regel nicht aus dem gleichen Wissensuniversum wie du, sondern ist auf einem ganz anderen Planeten unterwegs. Lade ihn in dein Universum ein und sei ein freundlicher, zuvorkommender Gastgeber. Verschlinge ihn nicht wie ein Alien.
17. Kürze probehalber die ersten und letzten Sätze.
Dieses Mittel liebe ich. Denn es hat oft erstaunlich starke Wirkung, wenn du die ersten und letzten Sätze deines Textes kürzt. Probier es einfach vorsichtig aus. Speichere zur Sicherheit eine neue Version mit anderem Kürzel ab – und dann leg das Messer an. Kürze bis zu drei Sätzen oder auch einen ganzen Abschnitt am Anfang und am Ende. Sei radikal und mutig wie ein Friseur, zu dem die Kundin gesagt hat, er darf ihr langes Haar abschneiden. („Ja, ab damit!“) Beim Drehbuch sagt man: „So spät wie möglich in eine Szene hinein, so früh wie möglich wieder heraus.“ Das macht deinen Text spannend und aufs Wesentliche konzentriert.
18. Bewahre dir den „Knaller“ für den Schluss auf.
Es gibt etwas Tolles, das du dem Leser unbedingt sagen willst? Eine berührende Geschichte, ein Statement, das ihn aufrütteln wird? Dann heb es dir für den Schluss auf. „Das Beste kommt zum Schluss“, wie es der Filmtitel auch sagt. Steigere dich langsam innerhalb deines Textes bis zum Höhepunkt. Wenn es passt, bilde auch einen Rahmen: Beziehe dich am Schluss des Textes noch mal auf den Anfang. Wusstest du, dass viele amerikanische Drehbuchautoren ihre Plots von hinten aufziehen? Sie kennen ihren Schluss sehr genau und arbeiten sich dann zum Anfang vor. Mach es mal genauso, das Ergebnis kann dich sehr überraschen!
19. Nimm die gute alte Intuition ins Boot.
Neben allem Verstand, den wir brauchen, um gut durchs Leben zu navigieren, sollten wir eine niemals vergessen: unsere Intuition. Sie sagt uns sehr genau, was wir zu tun haben und besser lassen sollten. Auch beim Schreiben. Frage am Schluss deiner Bearbeitungsrunde immer auch deine Intuition, ob du an alles gedacht hast oder ob deine Leser noch irgendetwas brauchen, um den Text zu verstehen, seine Inhalte umzusetzen usw. Du wirst Antworten bekommen, das verspreche ich dir. Manchmal kommen sie mit etwas Zeitversatz unter der Dusche, im Auto oder in der Supermarktschlange – manchmal auch bei was ganz anderem, wo man sie gerade nicht gebrauchen kann – aber sie kommen. Leg daher vorsichtshalber schon mal einen kleinen Notizblock auf den Nachttisch.
20. Klopf dir kräftig auf die Schulter!
Ich weiß, was es heißt, Texte wieder und wieder zu bearbeiten. Es ist mein täglich Brot seit mehr als 20 Jahren. Manchmal schaue ich auf die Kraut-und-Rüben-Seiten und denke: „Och nee … Fang doch noch mal was ganz Neues an. Schul um zur Delfin-Trainerin!“ Doch schon im nächsten Moment weiß ich: Es ist mein Ding. Es ist meine Aufgabe, gute Bücher zu schreiben. Für mich selbst und für all die wunderbaren Menschen, die ich begleiten darf. Also weiter im Text! Klopf dir daher nach getaner Arbeit und all den vielen Bearbeitungsrunden kräftig und endlos auf beide Schultern. Du hast es großartig gemacht. Du hast dein Bestes gegeben – und deine Leser werden es dir mehr als danken!
Dies war der zweite große Schwung heute für dich an Möglichkeiten, auf die du deinen Rotstift und die DELETE-Taste anwenden kannst. Ergänze auch diese 10 Tipps in deiner Checkliste. Je mehr du sie alle verinnerlichst und immer wieder anwendest, desto mehr werden sie dir in Fleisch und Blut übergehen und du brauchst nicht mehr auf deine Liste zu schauen.
Bei allen Tipps und Tricks ist mir noch eines wichtig zu sagen: Hab Spaß beim Schreiben. Je mehr Spaß du selbst hast, umso größer ist das Vergnügen auf der anderen Seite des Blatt Papiers oder Bildschirms. Wenn du beim Schreiben innerlich lächelst, dann lächeln auch deine Leser!
In der nächsten Folge geht es um etwas anderes. Na ja, fast, denn wir zielen ja immer noch auf die 600.000 Dollar ab … In der nächsten Folge dreht sich alles um die Frage, die mir meistens schon in der ersten Stunde meiner Beratungen gestellt wird:
„Wie wird mein Buch zum Bestseller?“ Mal sehen, ob es darauf eine Antwort gibt.
Bis dahin, mach es gut – und schreib dein Buch!
Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Beraterin für Expertenmarketing, Sichtbarkeit und Positionierung
KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 30 Büchern bei 7 großen Verlagen. Als Ghostwriterin und Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren über 50 Projekte von der ersten Idee bis zum vertriebsreifen Buch betreut. Außerdem hat sie in persönlichen Coachings und Beratungen unzählige Manuskripte vor dem sicheren Tod gerettet.
Als Beraterin für Speaker, Trainer und Coaches begleitet sie in den Phasen Dramaturgie, Exposé, Manuskript, Verlagssuche, Kalkulation, Herstellung und Vermarktungskonzepte. Sie berät Selbständige und Unternehmen zu den Themen Sichtbarkeit, Positionierung, Online- und Offline-Marketing, Funnels und Veröffentlichungen. Ihre Leistungen werden in vielen Fällen staatlich bis zu 50-80% gefördert. Kontakt: www.angermayer-sorriso.com

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