Wenn der Postmann zwei Mal klingelt, dann ist hoffentlich ein Verlagsvertrag für dein Buch mit dabei. Bis es soweit ist, kommen bei vielen angehenden Autoren oft Zweifel auf: Tue ich mit meiner Unterschrift das Richtige? Verkaufe ich meine Seele? Bin ich nun für den Rest meines Lebens gefesselt und geknebelt?
Die Antwort lautet: nein. Oder: Es kommt auf den Blickwinkel an. Und auf eine wichtige Sache, die zwischen den Zeilen des Vertragspapiers steht. In dieser Folge schauen wir uns das Thema Verlagsverträge und ihre Bedeutung an, damit du dem Klingeln des Postmanns hoffentlich mit großer Freude entgegensehen kannst.
Ich durfte in meinem Leben schon mehr als 30 Autorenverträge mit großen Verlagshäuern unterschreiben und ich kann dir sagen: Jeder ist immer froh, wenn die Tinte trocken ist. Ab dem 3. oder 4. Vertrag wird man ruhiger, routinierter, liest als Autor kaum mehr alle Details und schaut nur noch, ob die Zahlen stimmen. Doch gerade beim ersten Verlagsvertrag stehen vielen Autoren – vor allem denen, die keine Literaturagentur haben – ein paar Schweißtröpflein auf der Stirn.
Warum braucht es überhaupt einen Vertrag zwischen Verlag und Autor?
Wäre die Welt nicht viel schöner, wenn es keine Verträge gäbe? Möglich. Doch sie wäre auch verdammt durcheinanderer. Wenn wir keine Mietverträge, Leasingverträge, keine Monatskarten für die Bahn oder den Bus hätten, wenn es keine rechtliche Grundlage dessen gäbe, was wir tagtäglich tun, dann würde ein großes Kuddelmuddel entstehen.
Die Busfahrkarte sagt: „Zahle einen Betrag X, lieber Gast, dann fahre ich dich bis zur Haltestelle Y.“ Ein Verlagsvertrag sagt: „Liefere mir bis zum Tag X, lieber Autor, ein wunderbares Manuskript, dann mache ich dir bis zum Tag Y ein schönes gedrucktes Buch daraus, stelle es im Handel ein, verkaufe es für dich – und du erhältst daraus deinen Anteil Z.“
Nichts anderes regelt ein Buchvertrag.
Dass der Verlag dafür eine gewisse Anzahl an Rechten und Zusicherungen erhalten muss, damit er für dich als Autor überhaupt tätig werden darf und will, ist nun mal so. Da können manche Autoren zetern, wie sie wollen. Diesen ist dann oft besser geraten, Selfpublisher zu werden.
Die Sache mit dem Honorar
An einer Buchproduktion und dem professionellen Vertrieb sind viele Menschen beteiligt. Nicht nur der Verlag mit seinem Personal, sondern auch Druckereien, Auslieferer, der Großhandel, der stationäre Handel, der Internetbuchhandel, Versanddienstleister – und als Schöpfer natürlich du, der Autor. Alle wollen einen gerechten Anteil für das, was sie tun. Bis zum Klingeln des Postmanns, der deinen Lesern das Buch bringt, legt Letzteres einen weiten Weg zurück.
All diese kleinen und großen Steps sind im Vertrag berücksichtigt. Was am Ende für dich dabei herauskommt, steht im Punkt „Honorar“. Dieser Passus stellt klar, wie viele Prozente du pro verkauftem Buch erhältst. Wenn ein Vorschuss vorgesehen ist, ist dieser in der Regel garantiert und nicht rückzahlbar. Er wird bei Lieferung des Manuskripts oder bei Erscheinen des Buches ausbezahlt. Auch ein Anteil bei Vertragsunterzeichnung ist möglich und verhandelbar.
Hat der Verlag deinen Vorschuss wieder eingespielt, zahlt er dir deinen Anteil pro verkauftem Exemplar. Dies ist entweder ein fester Prozentsatz für alle Auflagenhöhen – oder ein Staffelsatz, der sich mit steigenden Verkaufszahlen mehrt. Ab 10.000, 20.000 oder 50.000 Exemplaren kann man als Autor ruhig einen höheren Prozentsatz verlangen.
Das Autorenhonorar erscheint für viele verschwindend gering, doch ich kann dir aus Verlegersicht sagen: Den Löwenanteil von 50-55% (vom Netto-Ladenpreis deines Buches) erhält der Handel, nicht der Verlag, von daher kann ein Verlag nicht sehr viel mehr weitergeben. Natürlich gibt es Spielräume – und Bestsellerautoren erhalten ein höheres Honorar als der Autor eines Erstlingswerks, bei dem man die Verkaufszahlen überhaupt nicht abschätzen kann. Doch irgendwann ist mit der Marge Schluss. Die Buchbranche ist eine Branche mit sehr, sehr geringen Überschüssen. Wer mehr will, sollte Jeans verkaufen. Oder Fernseher!
Wie hoch die genauen Erlöse sind, hängt darüber hinaus davon noch ab, in welcher Ausstattung das Buch hergestellt wird: ob es ein Hardcover oder Paperback ist, wie viele Seiten es hat, ob es hochwertige Bilder darin gibt, welches Papier gewählt wird u.v.m. Es hängt weiterhin auch vom Genre ab (Kinderbuchautoren verdienen weniger als Sachbuchautoren) und auch von der Tatsache, ob noch Illustratoren beteiligt sind und gewertschätzt werden wollen … Du siehst, das Ganze ist Puzzle mit vielen Teilchen.
Geknebelt und gefesselt?
Auf diese Sorge, die viele Autoren haben, kann ich nur antworten: Ich habe mich in den Verträgen, die ich schon abschließen durfte, nie so gefühlt. Ich war und bin vielmehr sehr dankbar für das, was meine Verlage für mich tun. Viele Autoren unterschätzen, was im Hintergrund passiert, damit ihr Buch reibungslos hergestellt wird, in perfektem Zustand die Druckerei verlässt und genauso perfekt beim Handel und beim Leser ankommt, oder ob es ersetzt werden muss, weil es beim Transport beschädigt wurde bzw. wieder eingelagert werden muss, weil es sich nicht verkauft hat – und wenn es verkauft wurde, dann auch bezahlt wird … Viele, viele bunte „Smarties“ an Dingen und Aufgaben, die der Autor in der Regel gar nicht mitbekommt. Jedes Buch ist ein enormes Risiko und ein hoher Invest. Bücher können einem viele graue Haare machen.
Natürlich unterscheiden sich die Verlage in manchen Teilen und Konditionen in ihren Verträgen voneinander, doch grundsätzlich regeln alle das Gleiche. Dazu kommt, dass sog. Dienstleisterverlage wieder andere Vertragsmodelle haben. Was ich hier beschreibe, ist ein kurzer Umriss über die Standards, der versucht, ein großes Thema auf kurzem Raum zu fassen zu kriegen.
Was regelt ein Vertrag noch außer dem Honorar?
Der Vertrag regelt die sog. Haupt- und Nebenrechte. Das sind die Rechte, die der Verlag braucht, um von dir die offizielle Erlaubnis zu haben, aus deinem Text ein Buch zu machen, es zu bewerben und es zu verkaufen – auch z. B. an ausländische Verlage, die dann wiederum einen Lizenzvertrag mit deinem Verlag abschließen. Auch daran erhältst du einen Anteil. Bei Büchern, die weltweit in 38 Sprachen übersetzt wurden, hat der betreffende Verlag 38 Lizenzverträge (meist begrenzt auf 5 Jahre Laufzeit) gelesen, geprüft und unterzeichnet. Die Einnahmen fließen dann in der entsprechend festgelegten Höhe an den Autor, anteilig geteilt mit dem Verlag.
Es ist nur hilfreich, diese Dinge im Vorhinein geregelt zu haben. Denn wenn 38 Verlage ein Werk eines Autors übersetzen wollen – und ein Verlag betreut ja in der Regel mehrere Autoren (Simon & Schuster in USA bringt jährlich 1000 Bücher heraus) –, dann möchte man als Verlag nicht jedes Mal erst den Autor um Erlaubnis bitten. Es muss einfach klar sein, dass der Verlag Lizenzverträge schließen darf, und fertig.
Was ist mit einzelnen Sprachen?
Die Rückübertragung einzelner Rechte ist, meist ein paar Jahre nach Erscheinen des Werkes, möglich. Die wenigsten Werke, das muss man ganz deutlich sagen, schaffen den Sprung übern Teich von Deutschland nach USA und Kanada oder über den Ärmelkanal nach UK, so gern wir das alle hätten. Wenn dein Buch also ein paar Jahre im Handel ist, ist es durchaus legitim, wenn du deinen Verlag fragst, ob du die englischsprachigen Rechte zurück haben könntest. Du bekommst dann einen Brief – klingelklingel – und bist wieder „Owner“ dieser Rechte. Aber nur dieser! Der Rest des Vertrags bleibt unberührt. Anderes Beispiel Hörbuch: Nicht aus jedem Buch kann ein Verlag ein Hörbuch machen, da dies erneute Kosten und ein erneutes unternehmerisches Risiko darstellt – mit dem ganzen Rattenschwanz an Lagerplatz, Auslieferern usw., nur um das Hörbuch bereitzustellen. Dein Verlag wird dir in der Regel zwei bis drei Jahre nach Erscheinen, wenn das gedruckte Buch bis dahin nicht die Wahnsinnsverkaufszahlen erreicht hat, ohne Probleme die Hörbuchrechte zurückgeben und du kannst dein Hörbuch selbst herstellen und vertreiben.
Die heutige Welt ist komplex geworden. Als in 2009 mein erstes Buch erschien, gab es noch keine E-Books und es gab keine Verträge dafür! Für jedes heutige E-Book, iBook und wie sie alle heißen, für jedes Hörbuch, jeden Kalender, jede Tasse, jeden Schlüsselanhänger und jeden größeren Textschnipsel aus deinem Buch, den jemand anderes verwenden möchte, gibt es eine rechtliche Grundlage. Der Begriff dafür ist Zweit- und Drittverwertung.
Darum sind die Rechtepassagen im Verlagsvertrag heute auch so umfangreich. Es muss alles drin sein, denn wenn Fehler passieren, kommt das die Verlage teuer zu stehen. Und es macht nur Ärger. Wundere dich daher nicht, wenn du ein 10-12-seitiges Verlagswerk von deinem Verlag erhältst. Die Verlage und ihre Rechtsabteilungen versuchen einfach, alle möglichen „Wenns und Abers“ abzudecken – aus Erfahrungen dessen, was schon alles in der Verlagswelt passiert ist. Und das ist einiges!
Rechte und Pflichten
Jeder, der einen Vertrag schließt, geht einen Deal ein: Meins für deins. Als Fahrgast in einem Bus habe ich das Recht zu verlangen, dass der Bus auch die Haltestelle anfährt, für die ich bezahlt habe, und dass er die Fahrt nicht spontan für eine zweistündige Mittagspause unterbricht. Wenn es an dem Tag nicht gerade Baustellen oder Straßensperrungen gibt, wird er das auch tun. Dafür habe ich als Fahrgast während der Fahrt auf meinem Platz sitzenzubleiben, Ruhe zu geben, den Fahrer nicht anzupöbeln oder in Storys aus meinem Leben zu verwickeln, während er sich auf den Verkehr konzentrieren muss.
Der Autor hat die Pflicht, sein Werk bis zu einem vereinbarten Datum fertigzustellen. Wird er krank oder hindert ihn etwas in seinem Leben (Sinnkrise o.Ä.) daran, dieses Datum einzuhalten, gibt er dies dem Verlag am besten weit genug im Voraus bekannt – denn der Verlag hat einen festen Produktionszyklus (bei 1000 Büchern im Jahr kann man sich kein wildes Durcheinander und keine größeren Sinnkrisen erlauben, auch nicht bei „nur“ 20 oder 50 Büchern im Jahr).
Dafür verpflichtet sich der Verlag, das Buch bis zu einem gewissen Datum fertig gesetzt und gedruckt zu haben, damit der Handel es abrufen kann. Schludern gilt also nicht, jeder hat hier seinen Anteil beizutragen, damit das gemeinsame Ziel gelingt: ein schönes Buch in die Welt zu bringen.
Die Vertragsdauer
Auch hier gibt es die verschiedensten Modelle: Von 10 Jahren bis „unendlich“ ist alles dabei. Wie schon gesagt, Auslandslizenzen werden in der Regel für 5 Jahre rechtlich geregelt, dann kann verlängert werden. 5 Jahre sind eine gute Zeit, um abschätzen zu können, wie ein Buch anläuft.
Ein Verlagsvertrag regelt noch viele weitere Dinge, wie z. B. Bildrechte, Persönlichkeitsrechte, das Verramschen, Entsorgung der Verpackung etc., die den Umfang dieser Folge sprengen würden. Darum ist mir eins noch ganz wichtig zu sagen. Und genau darum geht es im nächsten Abschnitt.
Was zwischen den Zeilen steht – und was eigentlich das Allerwichtigste ist
Jeder weiß: Man kann noch so viele Versicherungen abschließen. Es gibt Dinge im Leben, die sind einfach nicht geregelt. Dann muss man reden und gemeinsam Lösungen finden. Und das möglichst mit Wertschätzung, kühlem Kopf und Blick auf das Wesentliche. Meine persönliche Erfahrung ist:
Wenn du demjenigen, mit dem du einen Vertrag schließt, nicht vertraust – dann solltest du es lassen. Ganz einfach. Denn der eigentliche Teil der Arbeit kommt danach – da will man weder als Verlag, noch als Autor schon völlig entkräftet durch unzählige Vertragsverhandlungen unterm Tisch liegen.
Auf der Buchmesse kam vor vielen Jahren eine Frau zu mir an unseren Stand. Sie hörte sich meinen Vortrag als Verlegerin an und fragte anschließend: „Darf ich denn als Autorin auch bei Ihnen vorbeischauen und in die Ordner gucken, um zu sehen, ob Sie das alles ordentlich machen?“
Ich wäre von den Socken gewesen – wenn ich Socken angehabt hätte. Dieser Gedanke war mir selbst nach (damals) über 15 erschienen Büchern noch nicht gekommen! Ich stellte mir vor, wie ich nach München in die Neumarkter Straße fahre, bei Random House klingele und mit dem gläsernen Aufzug in die Etage meines Verlags hochfahre – um dann dort vor der Tür zu stehen und zu sagen: „Grüß Gott, ich würd´ gern mal in Ihre Ordner schauen, um sicherzugehen, dass das auch alles rechtens ist, was Sie da machen. Zeigen Sie mir bitte mal die Zahlen!“
Die Gesichter hätte ich sehen mögen. Und Verträge hätte es seither sicher keine mehr gegeben. Weder mit dieser Verlagsgruppe, noch mit anderen.
Was ich damit sagen will: Es gibt etwas, das steht in keinem Paragraphen der Verträge dieser Welt. Und das heißt: gegenseitiges Vertrauen.
Wo Vertrauen fehlt, sollte man besser keine gemeinsamen Wege gehen. Im Optimalfall unterschreibt man einen Vertrag, legt ihn im Ordner ab und schaut nie wieder hinein. Der Verlag muss im Übrigen auch dir als Autor vertrauen können!
Auch die 100%ige Transparenz wird dir als Autor kein Verlag dieser Welt geben können. Wir können als Verlag unseren Autoren zwar mitteilen, wie viele Bücher in einem Monat oder Quartal über Amazon und den sonstigen Handel abgesetzt wurden. Wir würden aber selbst niemals von den beteiligten Ausführenden erfahren, wie der Kunde heißt, wo er wohnt, wie viele Stück er von welchem Titel gekauft hat … Diese Art von Offenheit gibt es nicht, denn dazwischen steht das Wörtchen Datenschutz.
Man sollte lieber einen Blumenladen aufmachen, wenn man jeden seiner Kunden kennen möchte. Und auch von dem erfährt man ja in der Regel nicht den Namen und bekommt auch keine E-Mail-Adresse. Sträußchen gebunden – Tschüs. Seien wir also nicht päpstlicher als der Papst.
Du siehst: Das Thema ist ein großes. Ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben. Doch das überlasse ich lieber den Juristen unter uns. Eigentlich wollen wir doch alle nur glücklich und zufrieden sein. Und das ist möglich. Die Erfahrung habe ich gemacht und ich weiß, dass ich sie noch ganz oft machen werde. Es gehören immer zwei Seiten dazu – zu einer gelingenden Verlagsbeziehung wie bei einer Partnerschaft. Reden hilft dabei. Am besten schon zu Beginn, wenn Fragen aufkommen. Denn im Nachhinein hintenrum meckern ist immer leicht. Was in der Vertragsphase sauber besprochen wurde, entzieht späterem Unmut gleich mal den Nährboden.
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesen Einblicken ein gutes Gefühl vermitteln, damit du dich voll auf das konzentrieren kannst, um das es eigentlich geht: Gemeinsam mit deinem Verlag ein supergutes Buch in die Welt zu bringen, das deine Leser fantastisch unterhält, inspiriert, motiviert, ihnen wertvolle Impulse schenkt – und manchmal sogar ein Leben verändert.
Wir lesen uns hoffentlich in der nächsten Folge wieder, in der es um die Frage geht: „Wie finde ich mein Ur-Thema?“
Bis dahin mach es gut – und schreib dein Buch!
Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Beraterin für Expertenmarketing, Sichtbarkeit und Positionierung
KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 25 Büchern bei 7 großen Verlagen. Als Ghostwriterin und Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren über 50 Projekte von der ersten Idee bis zum vertriebsreifen Buch betreut und in Coachings und Beratungen unzählige Manuskripte vor dem sicheren Tod gerettet.
Als Beraterin für Speaker, Trainer und Coaches begleitet sie in den Phasen Dramaturgie, Exposé, Manuskript, Verlagssuche, Kalkulation, Herstellung und Vermarktungskonzepte. Sie berät Selbständige und Unternehmen zu den Themen Sichtbarkeit, Positionierung, Online- und Offline-Marketing, Funnels und Veröffentlichungen. Ihre Leistungen werden in vielen Fällen staatlich bis zu 50-80% gefördert. www.angermayer-sorriso.com

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