von Karen Christine Angermayer
Was macht man, wenn man eine gute Idee sucht? Man sucht am besten gleich 20! Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt dabei mindestens eine gute heraus. Jeder, der schon mal in der Nacht vor einem Abgabetermin oder einer Veranstaltung über einem Manuskript, der Magisterarbeit oder einer Präsentation gebrütet hat, weiß, wie uns der Zeitdruck zu Höchstleistungen anspornen kann. Unser Gehirn liebt Zeitdruck. Dies machen wir uns auch in der heutigen Folge zunutze – und bauen kleine kreative „Zeitdrücker“ am besten schon lange vor dem Liefertermin in unseren Arbeitsalltag ein. Nämlich immer dann, wenn uns die richtigen Worte fehlen. Das Gute daran: Das kostet keine ganze Nacht, sondern nur drei Minuten.
Eine meiner persönlichen Lieblingsübungen, wenn ich auf der Suche nach Ersatzwörtern, Buchtiteln, Kapitelüberschriften oder anderen kreativen Ergüssen bin, ist die Übung „20 ways to catch an elephant“. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob sie im Original genauso heißt, doch ich nenne sie schon immer so. Sie stammt aus dem Buch „How to find ideas“, das es leider nicht mehr im Handel gibt. Neben dem „Cluster“, das ich dir in der letzten Folge vorgestellt habe, greife ich regelmäßig auf die „20 ways“ zurück.
Und so geht´s:
Stelle einen Timer auf 3 Minuten. Nimm dir ein Blatt Papier und schreibe darauf von oben nach unten eine Liste mit den Zahlen von 1 bis 20:
1.
2.
3.
…
20.
Du hast genau 3 Minuten Zeit. Keine Sekunde weniger, keine mehr. Finde in diesen 3 Minuten 20 Wege, um einen Elefanten zu fangen. Ja, so, wie ich es sage: Elefanten fangen. Darum geht´s.
In meinen Seminaren fragen die Teilnehmer an dieser Stelle fast immer: „Soll der Elefant tot oder lebendig sein?“ Völlig egal! Bring mir einfach die 20 Elefanten, auf welche Weise auch immer.
Denke nicht. Schreib. Schreib, ohne den Stift abzusetzen. Wenn du unterwegs gedanklich hängenbleibst, wiederhole am Rand des Papiers die Lösungen, die du schon gefunden hast, bis neue Ideen kommen.
Nach 3 Minuten, wenn der Timer klingelt, leg den Stift ab. Betrachte deine Liste neutral, ohne Wertung, ohne vorschnelle Kritik („Mist, nur zwei“, „Bei meinem Sitznachbarn ist das ganze Papier voll“, „Meine sind auch noch alle langweilig“ …). Betrachte sie vielmehr mit Neugier und Wertschätzung, denn sie waren vor 3 Minuten noch nicht da.
Möglicherweise hättest du gestern mehr Ideen gehabt, weil du dich nicht, so wie heute, mit deinem Partner oder dem Kollegen gezofft hast, dein Kind nicht krank war, der Hund nicht inkontinent und die Scheibe Leberkäs beim Metzger viel dicker war … Alle diese Gedanken sind jetzt nicht wichtig. Es zählt, was dein Gehirn in den letzten 3 Minuten aufs Papier gebracht hat – und das Ergebnis ist gut so, wie es ist. Morgen ist ein neuer Tag. Und schon in einer Stunde kann deine Liste ganz anders aussehen.
Mein Tipp für dich: Von Hand zu schreiben ist hier wie auch bei anderen Brainstorming-Übungen sehr wichtig und bringt nach meiner Erfahrung die besseren Ergebnisse, da die bewegte Hand den Geist stärker in Gang bringt als das bloße Tippeln der Fingerspitzen auf der Tastatur. Probier es aus. Geh spielerisch an die Sache ran.
Die 20 ways sind auf die vielfältigste Weise nutzbar, darum liebe sich sie so:
Sie dienen nicht nur dazu, dein Gehirn in den Kreativmodus zu schalten, der sich deutlich vom reinen Verstandesmodus unterscheidet. Sie sind auch gut, um schnell eine Fülle von Einfällen und Alternativen für Buch-Titel, langweilige Verben, monströse Substantive und nicht ganz passgenaue Adjektive zu finden. Romanautoren können ein Lied davon singen. Wie drücke ich die üblichen Verdächtigen bei Wörtern wie „gehen“ oder „sagen“ anders aus? Mach die 20 ways und liste in 3 Minuten alle möglichen Varianten auf, WIE man gehen kann (hinken, schlurfen, trippeln, hatschen, hüpfen, tänzeln …) oder WIE man etwas sagen kann (flüstern, wispern, flöten, schreien, tönen, brüllen, heucheln, hecheln …). Auch um auf die Schnelle ein schönes Geschenk für den Partner, die Partnerin oder den Lieblingskunden zu finden oder den wöchentlichen Mahlzeitenplan mit neuen Ideen anzureichern, sind die 20 ways unglaublich hilfreich. Ich spreche aus Erfahrung 😉
Ich wünsche dir viel Spaß mit deinen „20 ways“ und allzeit viele gute Ideen in diesem noch taufrischen Jahr 2021 – hey, du kannst auch 21 Elefanten in 2 Minuten fangen, sagt mir der Blick auf unsere neue Jahreszahl. Steigere dich einfach von Mal zu Mal! Setz die Zeitfenster immer kleiner. Dein Gehirn wird es dir danken, es wird dann nämlich mal ordentlich wachgeküsst.
So oder so, wir lesen uns auf jeden Fall in der nächsten Folge wieder, in der es um ein Thema geht, das bei Autoren oft Unbehagen hervorruft (und bei Agenten und Verlagen bisweilen ebenfalls): Verträge und deren Gestaltung. Ich kann dir jetzt schon sagen: Alle Beteiligten sind immer froh, wenn die Tinte trocken ist.
Für heute mach es gut, mach Dein Buch zu DEM Projekt für 2021 – und wenn du es in den letzten Tagen noch nicht getan hast: Pack den Stift am Rüssel und leg los!
Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Beraterin für Expertenmarketing, Sichtbarkeit und Positionierung
KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 25 Büchern bei 7 großen Verlagen. Als Ghostwriterin und Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren über 50 Projekte von der ersten Idee bis zum vertriebsreifen Buch betreut und in Coachings und Beratungen unzählige Manuskripte vor dem sicheren Tod gerettet.
Als Beraterin für Speaker, Trainer und Coaches begleitet sie in den Phasen Dramaturgie, Exposé, Manuskript, Verlagssuche, Kalkulation, Herstellung und Vermarktungskonzepte. Sie berät Selbständige und Unternehmen zu den Themen Sichtbarkeit, Positionierung, Online- und Offline-Marketing, Funnels und Veröffentlichungen. www.angermayer-sorriso.com
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