von Karen Christine Angermayer

Die Welt hat in den letzten sechs Monaten sehr viel über die Pandemie geschrieben und geredet – man mag schon fast nicht mehr. Mir zumindest geht es so, obwohl die Umstände und Folgen natürlich nicht mehr wegzudenken sind. Dennoch finde ich es wichtig, in dieser Folge der Beitragsreihe für dich und euch darauf einzugehen, was sich in der Verlagsbranche in den letzten Monaten getan hat. Das ist nicht ganz so witzig und locker-flockig, wie du es vom Tonfall her von meinen Beiträgen gewöhnt bist, doch die Sache ist nun mal ernst und die Auswirkungen auf die Branche auch.

Die Italiener sagen: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.“ Und auch darin steckt ein Körnchen Wahrheit, wie ich finde. Wir alle sollten unseren Humor und unser Lachen nicht verlieren – denn die sind lebenswichtig.

Wie hat sich die Pandemie auf die Autorenwelt und die Verlagsbranche ausgewirkt?
Ich selbst bin ja in beiden Bereichen tätig, als Autorin und als Verlegerin, daher kann ich dir aus beiden Perspektiven berichten.

Fangen wir bei den Verlagen an. Die Verlagsbranche erlebte Umsatzeinbrüche von bis zu 50-90% in den letzten Monaten. Buchhandlungen waren über lange Zeit geschlossen. Die großen Buchmessen in Leipzig, London und Bologna wurden abgesagt. Frankfurt findet in diesen Tagen digital statt. Erscheinungstermine vieler Bücher wurden von diesem Herbst und Winter auf das kommende Jahr verschoben, da man fürchtete, nicht genügend Sichtbarkeit durch die Schließungen des Handels zu haben. Die Mitarbeiter vieler Verlagen wurden in Kurzarbeit geschickt und arbeiteten von zu Hause aus.

Manche Verlage schossen aus der Hüfte und schoben in Windeseile hochaktuelle Themen rund um die Pandemie, Gesundheit, die Vereinbarkeit von Familie und Homeoffice, digitale Kommunikation und andere Themen in ihr Herbst- und Winterprogramm ein. Die Bücher wurden innerhalb kürzester Zeit produziert. Amazon sagte im Frühjahr ganz offen, dass Gegenstände des täglichen Bedarfs (Klopapier) zeitweilig wichtiger seien als Bücher, sodass es beim Buchversand oft zu mehrtägigen Verzögerungen kam.

Die Folge: Es blieb viel Arbeit in den Verlagen liegen. Es blieben viele zu begutachtende Manuskripte liegen. Und: Es wurden nicht die Umsätze erzielt, die neue Investitionen für Bücher in der Form in der Größenordnung möglich machen wie in den Vorjahren. Durch die Schließung der Buchhandlungen wiederum konnten neue Titel vertriebsmäßig nicht so stark angeschoben werden, wie man es gerne gewollt hätte, teilte mir ein Vertriebsleiter eines großen Schweizerischen Verlagshauses mit. Was natürlich zu neuen Umsatzeinbußen führte … Es schließt sich ein Kreis.

Gleichzeitig entstanden, wie so oft in großen Krisen, auch ganz neue Plattformen und Ideen: Websites und Webshops kamen ins Leben, die es den Menschen ermöglichten, im Internet ihre lokalen Händler zu orten und dort zu bestellen, um sie zu unterstützen. Und natürlich wurde trotzdem weiter gelesen und es gab durchaus auch Erfolge in der Branche zu verzeichnen. Viel Gutes ist auch passiert in den letzten 6 Monaten und es tut gut, neben allen „Schüttelmomenten“ auch immer wieder darauf den Blick zu richten.

Noch ist nicht abzusehen, wie weit sich die Kreise der Auswirkungen ziehen und wann sich alles wieder eingeruckelt hat. Zu spüren ist aber – zum Glück! – dass die Verlage langsam wieder „suchen“. Was wie eine Schockstarre über der Verlagswelt schien – obwohl natürlich alle in dem Maße, in dem sie konnten und durften, gearbeitet haben – löst sich ganz langsam, langsam wieder auf. Seite für Seite Papier wird der riesige Berg eingereichter Manuskripte der letzten Monate abgearbeitet … sicher keine leichte Aufgabe.

Lobend möchte ich auch ganz laut sagen, dass es den Verlagen, mit denen ich selbst als Kinder- und Jugendbuchautorin zusammenarbeite, hervorragend gelungen ist, sich auf Online-Arbeit und Video-Calls umzustellen. Ich habe sehr große Bereitschaft und Flexibilität in den Abläufen erlebt, was sicherlich gerade bei großen Häusern mit vielen Mitarbeitern und den hohen Mehrkosten und anfänglicher „Sortierungsphase“ und Lösungsdiskussionen nicht einfach war! Ganz großes Lob!

Wie sah es bei den Autoren aus?
Das, was ich bei den Verlagen beschrieb, wirkt sich natürlich auch auf die Autoren aus: Viele bekamen durch die Kurzarbeit in den Verlagen und die finanzielle Unsicherheit, die neue Investitionen und dadurch klare Entscheidungen nicht möglich machte, über viele Wochen und Monate keine Antwort auf ihre Themenvorschläge. Es herrschte Funkstille.

Ich habe in meinen Beratungen und Coachings immer wieder erklären dürfen, wie es dazu kommt. Die Lektoren und Programleiter in den Verlagen sind ja nicht nur damit beschäftigt – wie man oft meinen könnte – mit einer Tasse Kaffee in der Hand eingereichte Stoffe zu prüfen. Sie sind oft den ganzen Tag in Meetings, Autorengesprächen, Lektoratsrunden, bereiten Vertretertagungen vor, kalkulieren Projekte … Der Arbeitstag in den Verlagen ist auch ohne Manuskripte gut gefüllt! In weniger Stunden (Kurzarbeit) all das zu bewältigen unter technisch anfangs suboptimalen Bedingungen – kein Wunder, dass man sich auf das Allernötigste konzentrieren musste: die Produktion der laufenden Titel.

Auch ich hatte als Autorin ein eigenes Jugendbuchprojekt bei großen Verlagen eingereicht – im Februar, also knapp vor der Pandemie. Von manchen Verlagen habe ich bis heute (Oktober) nichts gehört. Wir Schreibenden sind Wartezeiten gewöhnt. Doch die letzten Monate haben eine unglaubliche Menge an Geduld von uns allen gefordert.

Dazu kam, dass die Warterei nicht unbedingt inspirierend war: Viele erzählten mir, sie seien überhaupt nicht in der Lage, neue Dinge zu schreiben, würden sich wie blockiert und gelähmt fühlen, denn sie hätten ja noch nicht mal was zu den anderen Stoffen gehört. Verständlich!

Sehr schade waren die Ausfälle der Buchmessen – auch von mir persönlich wären in diesem Jahr 4 (!) neue Titel gezeigt worden in Leipzig, Bologna, London und Frankfurt. Leider fällt dies in diesem Jahr für uns alle aus, und ich wünsche uns allen Buchschaffenden, dass unsere wundervollen Bücher dennoch ihren Weg zu ihren begeisterten Lesern finden und die Musen uns weiterhin kräftig küssen, bestenfalls noch energischer als vorher! Mit oder ohne Maske, Hauptsache, sie küssen uns!

Und dennoch – braucht die Welt unsere Bücher. Ohne Bücher keine Verlage. Ohne Lebensmittel keine Supermärkte.
„Schatz, wir müssen schreiben“, lautet der Titel dieser Folge. Denn genauso sehe ich es. Statt über die Dinge zu reden, die uns derzeit bewegen, sollten wir sie aufschreiben. Die Pandemie ist eine der größten Umwälzungen der Menschheit. Und auch wenn wir uns an Maske & Co. schon so gewöhnt haben, dass man sich fast nackig vorkommt, wenn man aus Versehen einen Laden betritt und den Mundschutz noch nicht ganz hochgezogen hat, wird uns diese Zeit noch sehr lange bewegen.

Die Verlagswelt und alle Leserinnen und Leser da draußen brauchen die Bücher, die wir über diese Zeit zu erzählen haben – und natürlich auch alle anderen Themen, die wir in uns tragen, pandemie-unabhängig. Was wäre der Supermarkt ohne Lebensmittel? Was wäre ein Verlag oder eine Buchhandlung ohne Bücher?

Mein Tipp daher heute an dich: Auch wenn dich die vergangenen 6 Monate möglicherweise etwas aus dem Tritt gebracht haben, emotional, finanziell, vielleicht sogar gesundheitlich … Lass dein Buch nicht aus den Augen, das du schreiben möchtest. Ja, wir sind alle gefordert derzeit, viele von uns haben Kinder im Home Schooling (meine Tocher kam nach nur 2 Schultagen nach den Sommerferien wieder nach Hause und durfte direkt in 14-tägige Quarantäne, weil ein Klassenkamerad sich im Urlaub infiziert hatte …), und doch werden wir auch diese Situation meistern. Als einzelner Mensch und als Gemeinschaft. Davon bin ich fest überzeugt.

Wenn daher etwas in dir steckt, was du sagen möchtest, was du in die Welt verbreiten möchtest, dann schreib es auf. Jetzt noch mehr denn je! Gute Bücher werden immer gesucht und immer gebraucht.

Und selbst wenn große Verlagshäuser derzeit nicht so leicht Ja zu deinem Buch sagen können, wie sie es vielleicht gerne täten, dann hast du immer noch den Weg des Selbstverlags als Möglichkeit vor dir. Ich helfe dir gern dabei.

Frage dich: Was ist dein Thema? Welches Thema BIST DU?
Wir sind Speaker, Trainer, Coaches und Berater geworden, weil wir etwas in uns tragen, was die Welt braucht. Nicht jeder ist vielleicht schon an dem Punkt, von seiner Botschaft gut leben zu können. Umso mehr ist dies eine Zeit, um zu hinterfragen: Welches Thema BIN ICH wirklich?

Welches Thema brennt dir unter den Nägeln? Welches Thema brennt der Welt gerade unter den Nägeln? Und, ganz wichtig, weiter gedacht: Welches Thema ist auch in 1-2 Jahren noch relevant, wenn dein Buch (auf dem traditionellen Verlagsweg) erscheint?

Schau auch noch mal in Folge 9 dieser Beitragsreihe hinein, in der ich dir zusammengestellt habe, was alles in ein Exposé gehört, das die Entscheider in den Verlagen begeistert. Hier der Link: https://germanspeakers.org/erfolgreich-buecher-schreiben-verlegen-vermarkten-folge-9-mach-es-sexy-exposes-schreiben-die-entscheider-begeistern-und-dir-die-tueren-in-die-verlagswelt-oeffnen/

Fazit: Es hat uns alle gebeutelt, dieses kleine „rote Männchen“, und es begleitet uns weiterhin. Gleichzeitig ist zu spüren, wie die Verlagsbranche wieder erwacht und ihre Gespräche mit Autoren aufnimmt. Darum bleib an deinem Buch dran. Und wenn die Idee, die du seit Jahren in dir trägst, keine große Energie mehr für dich hat, keinen „Sog“ mehr in dir erzeugt – dann erschaffe ein neues Buch mit einem Thema, das jetzt aktuell in dir brennt. Lausche in dich hinein. Es ist alles da.

Ich wünsche dir und deinen Lieben vor allem Gesundheit. Und ich wünsche dir gute Ideen und freien Fluss in allen Dingen, damit deine (neue) Botschaft voller Kraft und Elan in die Welt kommt.

Wir lesen uns in der nächsten Folge wieder, in der es um den „sexy“ Titel geht, der dein Buch verkauft.

Bis dahin mach es gut, gibt auf dich acht – und schreib dein Buch!

Karen Christine Angermayer
Autorin, Ghostwriterin, Buch-Coach, zertifizierte BAFA-Beraterin

KAREN CHRISTINE ANGERMAYER ist international erfolgreiche Autorin von mehr als 25 Büchern bei 7 großen Verlagen. Als Ghostwriterin und Verlegerin der sorriso GmbH hat sie in den letzten 5 Jahren über 50 Projekte von der ersten Idee bis zum vertriebsreifen Buch betreut. Als Beraterin für Speaker, Trainer und Coaches begleitet sie in den Phasen Dramaturgie, Exposé, Manuskript, Verlagssuche, Kalkulation, Herstellung und Vermarktungskonzepte. Sie ist zertifizierte BAFA-Beraterin und berät Unternehmen zu den Themen Sichtbarkeit, Positionierung, Online- und Offline-Marketing, Funnels und Veröffentlichungen. www.angermayer-sorriso.com