von Ralf Schmitt

Wir wurden in den letzten Monaten durch die Corona-Pandemie vermutlich noch nie so gefordert, Flexibilität zu zeigen. Erst die Stornowelle, dann ausbleibende Anfragen. Schockstarre, Ratlosigkeit und die Frage: Wie kann es jetzt weitergehen, wenn Veranstaltungen und Auftritte, wie wir sie bisher kannten, auf nicht absehbare Zeit ausfallen?
Die Impulspiloten haben als Experten für unkonventionelle Business Events bereits am 19. März innerhalb von wenigen Tagen die Sales UP Conference in ein hybrides Online-Event umgewandelt. Zwischen mir und den GSA-Kollegen Stephan Heinrich und Thorsten Jekel liefen die Telefone heiß.  Speaker mussten sich innerhalb von zwei Tagen an die neue Situation mit ihren Inhalten und Präsentationen anpassen und technisch über die Distanz an Bord geholt werden. Das Rahmenprogramm wurde onlinekompatibel umgestaltet, die gebuchten Teilnehmer informiert und Überzeugungsarbeit geleistet, die Teilnahme nicht zu stornieren, sondern sich auf die digitalen Welten einzulassen.
Seit diesem Tag sind die eintreffenden Kundenanfragen bei den Impulspiloten zu 95 % für digitale, bzw. hybride Events. Denn: Veranstaltern und Unternehmen ist klar, dass uns das Thema Corona noch eine Weile begleiten wird. Wer sich jetzt innovativ und agil präsentieren will, der schwenkt auf digitale Events um.
Aus der Erfahrung unserer durchgeführten Online-Events wird jedoch deutlich, dass die alte Welt nicht einfach eins zu eins in die neue Welt übertragbar ist. Online gelten für Veranstalter wie auch für Speaker andere Regeln, die berücksichtigt werden sollten, um auch auf diesem neuen Terrain erfolgreich zu sein.

Was ist der Unterschied zwischen einem Online-Event und einem hybriden Online-Event?

Ein hybrides Online-Event ist eine Veranstaltung, die an einem physischen Ort stattfindet und gleichzeitig von einem live- und/oder interaktivem Publikum online besucht wird.
Ein echtes hybrides Online-Event nutzt dabei die Technologie, um das Streaming-Publikum in ein physisch stattfindendes Veranstaltungserlebnis einzubeziehen. So erleben Online-Publikum und Live-Teilnehmer das gleiche Ereignis, so ähnlich wie möglich. Bei hybriden Veranstaltungen können Online-Zuschauer ebenso wie Live-Teilnehmer an der Veranstaltung partizipieren. Das bedeutet, gemeinsam an Fragen und Antworten teilzunehmen, mit den Referenten zu interagieren und mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu treten.
Im Gegensatz dazu wird ein reines Online-Event ohne zentrale Aufnahmesituation und dementsprechend auch ohne Livepublikum und Vortragsredner/ Künstler vor Ort produziert. In diesem Fall werden alle Beteiligten ausschließlich digital zugeschaltet und einem reinen Online-Publikum präsentiert. Der Schwerpunkt liegt hier im Allgemeinen mehr auf der Präsentation der Inhalte, wo hingegen hybride Online-Events auf vielfältige Interaktionsangebote mit dem Live- und Online-Publikum setzen.

3 Vorteile von digitalen Events

Hat ein Umdenken von Präsenzveranstaltungen hin zu Online-Events einmal stattgefunden, kann das digitale Format aus Kundensicht mit einer Reihe von Vorteilen punkten, von denen die meisten auch für Auftritte als Speaker gelten:

1. Ortsunabhängige Teilnahme

Digitale Events können für alle Beteiligten ortsunabhängig durchgeführt werden.
Das spart für Speaker vor allem Reisezeiten und Nächte im Hotel, weit entfernt von zu Hause.

2. Ökonomische und ökologischen Einsparungen

Die entfallenden Reise- und Übernachtungskosten für alle Beteiligten sind nur eine finanzielle Einsparung, bei einem digitalen Event. Auch fällt das Technikequipment für eine hochwertige Übertragung über das Internet deutlich geringer aus, als bei einer umfangreichen Bühnentechnik für eine Live-Veranstaltung. Es entstehen ebenfalls keine Kosten für Catering und die Miete großer Veranstaltungsräume.
Darüber hinaus ist der Co2-Fußabdruck eines digitalen Events durch entfallende Reisetätigkeiten der Teilnehmer im Vergleich zu einem Live-Event um ein Vielfaches kleiner.

3. Veranstaltungsgröße

Bei einem reinen Online-Event wird die Veranstaltung aus einer Studioatmosphäre hinaus in die Welt gesendet. Dabei ist die Teilnehmerzahl fast beliebig skalierbar – im Gegensatz zu einer gebuchten Location, in der nur eine bestimmte Anzahl von Gästen zugelassen ist.

WAS BEDEUTET DAS FÜR SPEAKER?
Der Unterschied zwischen einem Live-Vortrag auf der Bühne mag im Vergleich zu einem Online-Vortrag auf den ersten Blick nicht sonderlich groß erscheinen. In der Praxis hat sich aber herausgestellt, dass es sehr viel schwieriger ist, die Aufmerksamkeit der Zuschauer im Stream aufrecht zu erhalten. Die Gefahr der Ablenkung ist über die Distanz und alleine am Bildschirm sitzend sehr viel größer.
Damit einhergehend ist durch das Konsumverhalten der Online-Zuschauer der Content mehr denn je King. Inhalte und vor allem der Nutzen für den Zuschauer, müssen sehr konzentriert, visuell aufbereitet und emotional vermittelt werden. Gerit Danz ist hier ein GSA-Kollege, der zeigt, wie guter Content zielgruppengerecht aufbereitet und auf den Punkt abgeliefert werden kann.
Storytelling bekommt ein deutlich größere Relevanz. Zuschauer müssen durch bildhafte Sprache in den Bann gezogen werden, was wir sehr gut auf deutsch und englisch bei Vaya Wieser Weber erlebt haben
Das bedeutet auch, die inhaltliche und technische Vorbereitung für einen digitalen Auftritt wird sehr viel aufwändiger.

Herausforderungen
Digitale und vor allem hybride Events bieten eine tolle Chance, weiterhin Auftritte zu generieren und damit sogar ein größeres Publikum zu erreichen und eine höhere Reichweite zu generieren. Wichtig ist dabei, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen, um sein Publikum, dass jeder für sich alleine vor dem Rechner sitzt, zu erreichen und anzusprechen.

Auch in der Vortragssituation des Speakers gilt es einige Gegebenheiten anzunehmen, und manchmal auch auszuhalten, die sich doch sehr von einer Bühnensituation unterscheiden.
Wer die Bühnen und live-Events gewohnt ist, für den können Online-Vorträge daher eine kleine Herausforderung sein. Entweder präsentierst du deinen Vortrag bei einem reinen Online-Event allein vor deinem heimischen Computer, oder du kommst in ein Pop-Up Studio, von wo aus der Stream der Veranstaltung zentral gesendet wird.
In beiden Fällen ist dein Publikum eine heutzutage winzige Kamera, in die du all deine Energie schicken sollst.
Applaus oder andere Reaktionen aus dem Publikum, die in der alten Welt für eine gewisse Energie auf der Bühne sorgen, gibt es nicht. Im Gegenteil, du musst es schaffen, gerade noch mehr Esprit über diese kleine Linse in die Welt zu schicken obwohl daneben nur gelangweilte Techniker sitzen, die deine Expertise herzlich wenig interessiert, sondern nur, ob dein Mikro sauber überträgt.

7 Praxistipps für digitale Vorträge
Du bist als Speaker für eine Keynote auf ein Onlineevent eingeladen? Hier sind ein paar Praxistipps, die zu deiner professionellen Aufnahme beitragen.

1. Aufnahmehintergrund
Sorge für einen schlichten und aufgeräumten Hintergrund, der ggf. zum Thema des Vortrages passt. Martin Sänger hat bei der SalesUp Conference gezeigt, dass auch eine Außenaufnahme – mit entsprechend ruhiger Geräuschkulisse und guter Tonabnahme – für einen tollen Überraschungseffekt sorgen kann.

2. Licht
Achten darauf, dass das Licht von vorne kommt. Wenn du die Möglichkeit hast, ist Tageslicht am schmeichelhaftesten.

3. Ton
Ein guter Sound ist das A und O deines Auftrittes. Das Mikrofon an deinem Rechner reicht dazu jedoch nicht aus. Es gibt schon sehr günstige Mikrofone mit einer guten Qualität (Ansteckmikrofon oder Headset) zu kaufen. Thorsten Jekel als Digital Working Vordenker hat dazu beim Alumni Lunch der Uni Passau einige tolle Möglichkeiten vorgestellt.

4. Präsentation
In der Kürze liegt die Würze. Bei online Events verhält sich die Zeit anders und die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums ist sehr viel kürzer. 15 –  20 Minuten sind dabei ein guter Richtwert für die Dauer eines Vortrages.
Achte darauf deinen Beitrag visuell und abwechslungsreich zu untermalen. Am besten sorgen Präsentationen, Bilder oder ähnliches im Splitscreen mit dem Vortragenden für Aufmerksamkeit bei den Zuschauern. Katrin Hansmeier hat zum Beispiel beim 24 Stunden Inspirational Marathon We will thrive mit den Impulspiloten, Peter Brandl und Katja Porsch ein wahres Feuerwerk an Requisiten für ihren Beitrag aus dem Hut gezaubert. Wir haben noch Tage später Konfetti im Studio gefunden…

Sehr unpersönlich kommen dagegen reine Präsentationen mit der Stimme aus dem Off bei Ihrem Publikum an. Die Folge: Die Aufmerksamkeitsspanne geht rasant nach unten.

5. Interaktion
Nimm Bezug zu den Inhalten, Aktionen oder Vorträgen vor dir. Das sorgt dafür, dass die einzelnen dezentral zugeschalteten Beiträge eine thematische Klammer bekommen und stellt mehr Nähe her.
Versuche deine Zuschauer interaktiv in deinen Vortrag einzubinden. Sei es durch eine Aufforderung etwas aufzuschreiben, vor dem Bildschirm zu tun, in den Chat zu schreiben oder vielleicht sogar ein Onlinetool zu deinem Vortrag zu nutzen. Das bringt eine tolle Qualität in deinen Vortrag und trägt zu einer engeren und persönlicheren Bindung zu deinen Zuschauern bei.
Mylgia van Utrecht hat mit ihrem Beitrag voller Bewegung und Lebensfreude bei We will thrive viel positives Feedback von den Teilnehmern bekommen und ist damit lange im Gedächtnis geblieben.
Michael Rossié hingegen beweist, dass er ein echter Profi ist. Er lässt es völlig lässig wirken, während seines Vortrages die Fragen aus dem Chat zu integrieren.

6. Technik-Check 
Die allerwichtigste Regel lautet: testen, testen, testen.
Vor jedem Online-Auftritt sollte am besten am Vortag ein Technik-Check angesetzt sein: Licht, dein Ton vor Ort, ggf. die Verbindung ins Studio für Interviewsituationen, Bild, Übertragung der Präsentation, Schaltung von Splitsceen und anderen Bildeinstellungen, Einspieler oder Videos etc. Die zweitwichtigste Regel:  Nach dem Technik-Check solltest du nichts mehr ändern. Keine Updates mehr vornehmen, nicht mehr spontan auf Bluetooth-Kopfhörer wechseln – am besten du fast deinen Computer bis zu deinem Auftritt gar nicht mehr an!

7. Vortrag vorproduzieren
Ein digitales Event kann noch so gut vorbereitet und abgesichert sein, wenn das Internet knirscht, gilt es zu improvisieren. Ein Kollege aus meinem Technikteam brachte es vor kurzem auf den Punkt: „Das Internet ist eine bitch“.  Ein geprüfter Server fällt aus, alle Mitarbeiter eines Kunden schalten sich zeitgleich in den Stream und senken die Übertragungsrate bis zum Stillstand oder der Ton kommt eine Minute Zeitversetzt zum Bild.
Eines ist sicher: Irgendetwas wird nicht rund laufen.  Da hilft es sehr, einen Notfallplan in der Tasche zu haben. Wenn du also die Gelegenheit hast, deinen Vortrag als Video vorzuproduzieren, dann tue das.
Ein Live-Vortrag mit Bezügen zur Veranstaltung und Interaktion mit den Zuschauern ist natürlich vorzuziehen. Als Backup für den technischen Notfall sind solche Videos jedoch Gold wert.

Fazit
Corona sorgt für einen Digitalisierungsschub, der auch bei Normalisierung des Alltages nicht mehr wegzudenken sein wird. Damit sind digitale und hybride Events eine tolle Möglichkeit auch in dieser schwierigen Situation Auftritte zu generieren und sich innovativ zu präsentieren. Dabei gilt es, den eigenen Mehraufwand zu bedenken und den Vortrag an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen.
Bei der Planung von digitalen und hybriden Events empfiehlt es sich, einen erfahrenen Full-Service Dienstleister wie die Impulspiloten möglichst frühzeitig mit ins Boot zu holen. Denn: Je interaktiver das Event konzipiert ist, desto komplexer werden auch die technischen Rahmenbedingungen und die Koordination aller beteiligten Gewerke.