von Thilo Baum

Einer der ersten Kurse zum Start der GSA-Akademie ist der Kurs „Relevanz“. Wir haben das Thema nach vorne gestellt, weil es unabdingbar ist für den Erfolg unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Gerade die Corona-Krise zwingt unsere Branche, sich auf ihre Kernkompetenzen zu besinnen. Ich meine nicht das „Kerngeschäft“, das bei vielen derzeit ohnehin wegbricht – nein, ich meine die Kernkompetenzen.

Was brauchen die Menschen?

In dieser Krise zeigt sich, was wir brauchen und was nicht. Zahlreiche Nice-to-haves verschwinden von der Agenda, weil sie niemand braucht.

Wenn wir als Speaker erfolgreich bleiben oder wieder werden wollen, dann ist eines elementar: der Fokus auf die Frage nach dem Wert dessen, was wir liefern. Schon vor der Krise war mir bei manchen nicht klar, was sie eigentlich bringen. Oft sitze ich in Vorträgen und höre kaum etwas, was ich mitschreiben würde. Oder mir fällt es nach dem Vortrag schwer zu sagen, worum es eigentlich ging.

Bei der GSA-Akademie erarbeiten wir also als erstes die Relevanz, die ein Thema hat. Das ist erst mal eine Annäherung, und im Laufe des Kurses klopfen wir das dann fest und formulieren eine Positionierung. Wenn es dir gelingt, deine Relevanz zu formulieren, dann kannst du später, mit ein wenig Abstand, einen Titel für deine Keynote finden (und für dein Buch). Und du formulierst einen Teaser, der auf den Punkt bringt, was du bringst.

Zuerst kommt der Perspektivenwechsel

Das Entscheidende am Anfang ist der Perspektivenwechsel von der eigenen Perspektive in die Kundenperspektive. Mein Leitsatz dafür ist eine Erfahrung, die ich als Student gemacht habe, der nebenbei für die Zeitung Theaterkritiken schreibt: Es geht nicht darum, was ich zu sagen habe. Es geht nur darum, was ankommt.

Zuerst habe ich nämlich hochtrabenden Stoff abgeliefert – aber der interessiert „den Leser“ eben nicht. „Der Leser“ ist sehr pauschal gesagt, aber es bezeichnet die Zielgruppe. Vielleicht sollte ich dazusagen, dass es die „B.Z.“ war, also die Berliner Boulevardzeitung aus dem Hause Springer, und die Zielgruppe hat selten Abitur. Also war ich gezwungen, meine Perspektive abzulegen und die meiner Leserinnen und Leser einzunehmen.

Als Speaker muss ich das auch tun. Es ist meinen Kunden nämlich völlig egal, was ich zu sagen habe. Meine Kunden interessiert nur, was ihnen das bringt.

Ich kann die Relevanz meines Themas „Komm zum Punkt!“ aus meiner Sicht auf den Punkt bringen oder aus der Sicht meiner Zielgruppe. Aus meiner Sicht geht es um Aktivsätze statt Passivsätzen, aber aus Sicht meiner Zielgruppe geht es erst mal darum, Sprache eingängiger und leichter verständlich zu machen. Und auch das ist nicht das Motiv. Das Motiv hinter dem Motiv sind Missverständnisse in Meetings und überkomplizierte Formulierungen in E-Mails und Berichten. Dahinter wiederum steht das Motiv, dass es unfassbar zeitraubend ist, mit einer komplizierten Sprache zu arbeiten. Dahinter steht das Motiv, dass Zeitverschwendung ein Unternehmen unproduktiv macht.

Ich gehe also nicht auf den Markt und sage: „Wandeln Sie Ihre Passivsätze in Aktivsätze um!“, sondern ich sage: „Machen Sie Ihre Sprache einfacher und leichter verständlich! Damit sparen Sie Zeit und werden produktiver.“

Die Relevanz des Ganzen für meine Zielgruppe ist klar: Unternehmen und andere Organisationen ersticken in Texten. Überlange E-Mails, unklare Produktbeschreibungen, Missverständnisse in der Korrespondenz, unklare Anträge und Berichte, doppeldeutige Formulierungen in Schriftsätzen – gegen diesen Horror helfe ich.

Am Anfang war der Schmerz

Zu Beginn steht also ein Horror, oder anders formuliert: der „Schmerz“ des Kunden. Den skizziere ich. Und dann zeige ich die Lösung auf: „Hier helfe ich.“ Jetzt will der Kunde wissen, warum ausgerechnet ich helfen kann – schließlich kennt er mich vermutlich nicht. Kunden wissen nicht, ob ich glaubwürdig bin. Also liefere ich meine Absenderkompetenz: „Ich bringe komplexe Inhalte einfach rüber, habe zehn Bücher geschrieben und schon soundsovielen Unternehmen dabei geholfen, ihre Sprache zu vereinfachen / schon soundsovielen Kollegen dabei geholfen, Bücher auf den Markt zu bringen / schon soundsovielen Assistentinnen geholfen, Vorstandsvorlagen klar zu formulieren.“

Das heißt: Ein guter Teaser für dein Thema beinhaltet den Schmerz, den du linderst; er beinhaltet das Versprechen, dass du helfen kannst; und darin steckt deine Absenderkompetenz. Dass du deinem Kunden bei etwas helfen kannst, ist für deine Kunden nicht relevant, wenn er dir nicht glaubt. Also solltest du bewirken, dass man dir zuhört.

Lass dich genau einordnen

Kunden ordnen Content-Anbieter übrigens meistens sehr grob ein. Es heißt dann: „Das ist doch der mit der Sprache“ oder „Das ist doch die mit der Motivation“. Wenn ich Unbekannten sage, dass ich mich mit Kommunikation befasse, höre ich verschiedenste Assoziationen, mit denen das Thema behaftet ist: „Ach, machen Sie gewaltfreie Kommunikation?“ Nein, denke ich mir, mache ich nicht, das ist nicht mein Thema – mein Thema ist die Sprache selbst, also die Wortwahl. Das muss ich dann erklären, weil die Bezeichnung „Kommunikation“ nicht präzise genug ist: Unter dem großen Kapitel „Kommunikation“ gibt es einfach zu viele Unterkapitel, als dass das Schlagwort „Kommunikation“ eindeutig wäre.

Entsprechend wichtig ist es, dass du deine Relevanz so auf den Punkt bringst, dass sie zweifelsfrei ist. Von den Unterkapiteln des Themas „Kommunikation“ wähle ich „Sprache“. Darunter wiederum wähle ich nicht „Fremdsprache“ oder „Körpersprache“ oder „Aussprache“, sondern ich wähle „Ausdruck“ oder eben „Formulierungen“. Ich helfe Menschen beim Formulieren. Und wenn die Menschen das scharfgestellt haben, sind sie auch orientiert – das heißt, sie wissen dann in der Regel auch, dass mein Job sich nicht nur aufs Schreiben bezieht, sondern auch aufs Sprechen. Es ist schließlich egal, ob wir einen Schachtelsatz sprechen oder schreiben, er ist in beiden Fällen unglücklich.

Konkret formuliere ich den Schmerz beispielsweise so: „Ersticken Sie in E-Mails? Ist Ihre interne Kommunikation voller Missverständnisse? Melden Kunden, dass sie Ihre Briefe nicht verstehen?“ Meist sage oder schreibe ich nicht alles, sondern nur einen oder zwei Punkte davon. Dann kommt mein Elevator Pitch dazu: „Ich helfe Unternehmen, sich klar auszudrücken – intern, extern, schriftlich, mündlich.“ Danach bringe ich die Absenderkompetenz: „Mein Name ist Thilo Baum, ich bin Autor von Büchern wie ‚Komm zum Punkt!‘ und ‚Schluss mit förmlich!‘.“ Dann kommt vielleicht noch ein Kundennutzen: „Mit meiner Hilfe kommunizieren Sie schneller und klarer und sparen Unmengen von Papier.“

Fünf Schritte für deinen Teaser

Das Prinzip ist also:

1. Du skizzierst den Schmerz des Kunden – also das, was er ändern will oder muss. Dabei solltest du unbedingt konkret sein. Wenn du beispielsweise eine Situation schilderst, in der der Schmerz deines Kunden zum Ausdruck kommt, wird das sehr drastisch. „Sie sind Abgeordneter, kommen in die Sitzung, aber Sie werden aus Ihrem Sprechzettel nicht klug?“ Hier wird dem potenziellen Kunden klar: Sein Referent braucht Nachhilfe. Den Schmerz zu skizzieren, heißt dramaturgisch eigentlich: Du baust eine Gewitterfront auf, und allergrößtes Unheil droht. Du skizzierst die nahende Katastrophe.

2. Dann bringst du die Lösung und verknüpfst sie mit dir: „Mit meiner Hilfe geschieht Ihnen das nicht. Denn ich schule Ihre Referentinnen und Referenten so, dass sie exakte Stichwörter und sofort erfassbare Argumente notieren.“ Das heißt: Du bist der Ritter auf dem Schimmel – du stürmst die Burg, besiegst den Drachen (den Schmerz) und befreist das Burgfräulein.

3. Das Burgfräulein ist dann sozusagen die Aussicht auf die wundervolle Welt danach. Wie geht es deinem Kunden, wenn er deinen Vortrag durchlaufen hat? Jetzt malst du in schönsten Tönen: „Endlich klare Texte, kürzere Meetings, weniger E-Mails und weniger Missverständnisse.“ Das Paradies positiv zu beschreiben, ist natürlich am besten: „Stellen Sie sich vor, Ihre E-Mails sind wenige und kurz, die Botschaften klar, und Ihre Sprechzettel auf einen Blick zu erfassen.“

4. Jetzt kommt der Call-to-action: „Also rufen Sie jetzt an!“ / „Kaufen Sie jetzt das Buch!“ / „Laden Sie sich jetzt die Checklisten runter!“

5. Das kannst du jetzt noch mit einer Drohung verbinden, falls der Kunde dich nicht bucht: „Damit Sie nie mehr ratlos vor Ihrem Sprechzettel / Ihrer Vorstandsvorlage sitzen.“

Dein Vortrags- oder Buchtitel

Der Kern bei allem ist, dass du deinen Kunden tatsächlich etwas bringst. Überleg dir sehr genau und sehr intensiv, welchen Schmerz welcher Kunden du wie genau heilst. Sag nicht: „Mein Thema ist Humor.“ Sondern verrat den Leuten, wie es ihnen geht, wenn sie dich erlebt haben. Was bringt Humor? Welche positiven Folgen hat dein Vortrag fürs Unternehmen?

Wenn du selbst Klarheit hast über Schmerz und Nutzen, suchst du einen Titel für deinen Vortrag (und/oder dein Buch). Das Prinzip lautet hier: Der Haupttitel erzeugt Aufmerksamkeit und ist niemals sachlich. Besser ist er emotional. Und der Untertitel bringt den Kontext ins Spiel. „Komm zum Punkt!“ ist der Haupttitel, er provoziert. „So drücken Sie sich klar aus“ ist der sachliche Untertitel.

Ich kann dir bei der Sprache helfen – aber der Inhalt muss von dir kommen. Sprache ist machtlos ohne Substanz. Erst wenn du etwas zu sagen hast, ist der nächste Schritt, genau das möglichst machtvoll auf den Punkt zu bringen.