Welches Onlinemarketing ist das richtige? Sicher ist erst mal: Es hängt ganz davon ab, was das Ziel ist.

  • Will man Buchungen?
  • Will man digitale Produkte verkaufen oder Tickets für offene Events?
  • Oder will man ein Buch promoten?

Zahlreiche Wege führen zum Ziel, und das Angebot an Tools ist unübersichtlich. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Onlinemarketing-Seminare gegeben und viele Bücher gelesen – aber immer wieder stand ich vor einer Wand, die unüberwindbar erschien. Okay: Ich will ein Webinar aufsetzen und die Daten der Teilnehmer in Klick-tipp speichern, um dann Funnel aufzusetzen. Aber wie geht das konkret – ohne Agentur?

„Warum ohne Agentur?” fragen jetzt manche. Man kann das sicher anders sehen. Doch aus meiner Sicht setzt man Onlinemarketing nicht bloß einmal auf und lässt es dann für alle Zeiten weiterlaufen. Onlinemarketing verändert sich ständig. Am besten versteht man Onlinemarketing modular: Im laufenden Prozess kann man immer wieder Einzelteile ersetzen, beispielsweise Follow-up-E-Mails, Videos und anderes. Und deswegen will ich nicht jedes Mal die Agentur anrufen müssen.

Die wichtigste Erkenntnis der beiden Jahre: Aus dem riesigen Wust an Tools sucht man sich einmal das passende Setting aus und bleibt dann dabei. Und das wiederum hängt wie gesagt davon ab, welches Ziel man hat. Eines meiner wichtigsten ist der Kompetenzbeweis. Denn mein Thema „Klartext“ ist sehr inhaltslastig, ich brauche daher viele visualisierte Beispiele. Vor der Kamera ein Flipchart zu bemalen, sieht nicht gut aus. Also habe ich mich für ein Format entschieden, das andere Speaker auch nutzen können: das automatisierte Webinar mit einem filmisch geschnittenen Video als Basis.

Was ist ein automatisiertes Webinar? Das ist ein Webinar als Konserve, es ist also nicht live. Und hier ist schon der erste Haken: Ich möchte den Leuten nicht vorspielen, dass das Webinar live ist. Man kann es als Live-Seminar inszenieren, klar. Aber man sollte eben auch dazu sagen, dass die Leute eine Aufzeichnung sehen – sonst fühlen sie sich für dumm verkauft. Andere sind da nicht so empfindlich: In zahlreichen automatisierten Webinaren tun die Sprecher so, als seien sie tatsächlich live im Studio. Für mich geht das allerdings nicht mit dem Thema Glaubwürdigkeit zusammen – gerade bei Speakern.

Die Idee ist nun: Wenn das Webinar ohnehin nicht live ist, kann man es auch filmisch inszenieren. Warum nicht den Speaker in die Kamera sprechen lassen, dann Schnitt auf die Präsentation, und der Speaker spricht im Off weiter, dann wieder Gesicht in die Kamera, und später erzählt der Speaker eine Anekdote beim Spazierengehen im Wald? Musik darunterlegen bei Aufgaben zum Nachdenken, Soundeffekte einbauen wie schreiende Babys und Autocrashs? Warum nicht zu Anfang ein Schwenk über die Stadt, wenn der Sprecher sagt: „Willkommen aus Köln!“, unterlegt von Vogelgezwitscher?

Und hier sind meine Tools:

  • Mit einer Sony-Kamera nehme ich mich selbst im Format 16:9 auf. Wichtig: Weißabgleich muss möglich sein, die Kamera braucht einen Mikrofoneingang und vor allem einen Stromanschluss, damit man nicht ständig Akkus tauschen muss. Idealerweise lässt sich der Autofokus ausschalten, man stellt manuell scharf – damit die Kamera nicht gleich jede Wespe scharfstellt, die durchs Bild fliegt. Meine Kamera ist die ältere Sony HDR XR550 VE.
  • Die Kamera nimmt auf eine 64-GB-SanDisk-Extreme-Pro-Karte auf. Da ich immer nur einen Take aufnehme (die Kamera filmt auch bei Fehlern weiter, die ich später korrigiere), findet sich auf der Karte am Ende nur eine Datei, die sich ins Schnittprogramm importieren lässt. Das reduziert das Chaos.
  • ScreenFlow nimmt das Geschehen auf dem 16:9-Bildschirm auf – da läuft die Powerpoint-Präsentation. Später exportiere ich die Bildschirmaufnahme als MP4.
  • Mit dem Logitech-Presenter Spotlight hebe ich in der Präsentation hervor, was wichtig ist. Kein roter Punkt (der auf einem Screen ohnehin nicht funktioniert), sondern der Presenter läuft aus dem Rechner heraus wie ein Spot, um den herum sich der Bildschirm verdunkelt. So landet der Presenter auf der Bildschirmaufnahme.
  • Den Ton nehme ich mit einer Sennheiser-Funkstrecke auf – am Kragen klemmt ein kleines Mikro, im Sakko der Sender wie auf der Bühne. Der Empfänger speist den Ton über den Mikrofoneingang der Kamera in die Kamera ein. Derzeit auf dem Markt ist der Sennheiser EW 112-P G3, beispielsweise bei thomann.de. An Batterien kommt nur VARTA ins Gehäuse. Vorsicht: Wer die Tonspur separat aufzeichnet (etwa mit einem Zoom H4N o.ä.), braucht eine Filmklappe, um später im Schnittprogramm Bild und Ton zu synchronisieren.
  • Unter der Kamera steht bei mir immer ein zweiter Rechner als Spickzettel. Darauf läuft eine eigene Präsentation nur mit groben Stichwörtern.
  • Bei Soundtaxi (soundtaxi.net) hole ich mir meine Soundlogos und auch längere Musikstücke – GEMA-freie Musik für wenig Geld. Alternativ bietet auch die AppleSoftware Garageband zahlreiche kostenlose Sounds.
  • Mit Final Cut Pro – das ist die Profi-Filmschnitt-Software von Apple – schneide ich meine Filme. Ich importiere beide Bildspuren (Kameraaufnahme und Bildschirmaufnahme) und lege sie übereinander. Prinzip: Was oben ist, ist sichtbar. Schneide ich also in die oben liegende Filmspur ein Loch, ist im zeitlichen Ablauf an dieser Stelle die untere Bildspur zu sehen. So macht Final Cut Pro das Schneiden einfach. Unter die Bildspuren lege ich Tonspuren, also Soundlogos, bei Bedarf Soundeffekte oder auch Atmo (Hintergrundgeräusche Flughafen, Wald, Fluss, Meer, Zoo …).
  • Beim Schneiden lösche ich die gröbsten Fehler raus (Versprecher etc.), es sei denn, sie wirken normal und natürlich. Steril sollte das Ganze natürlich nicht sein. Es macht auch nichts, wenn sich ein Tagesschau-Sprecher mal verhaspelt. Und wenn im Webinar der Sprecher sagt: „Oh, das habe ich vorhin vergessen zu sagen“ und eine Information nachholt, dann wirkt das sympathisch und natürlich. • Ist das Video in Final Cut Pro soweit fertig geschnitten, exportiere ich es als MP4, Format „Computer“, Auflösung: 854×480. Die Mediatheken mit den Rohdaten lagere ich auf externen Festplatten, weil die viel Platz wegnehmen (die Mediathek eines Webinar-Videos hat bis zu 200 GB).
  • Dann optimiere ich das MP4 mit HandBrake. HandBrake ist eine Software, die die Datenmenge ohne Qualitätsverlust reduziert. Das ist wichtig, weil filmische Webinarvideos deutlich mehr Bild- und auch Toninformationen beinhalten als klassische Webinare und weil das Upload-Volumen bei Webinaranbietern begrenzt ist.
  • In Webinaris lade ich das Video hoch. Dann schreibe ich den Chat dazu: Hier lässt sich im Video eine Stelle auswählen, beispielsweise 23:05:07, an der dann die Chatnachricht des fiktiven Dr. Besser Wisser erscheint. Im Idealfall habe ich bei der Aufnahme diese Frage bereits im Video bei ca. 23:05:30 beantwortet. Der Trick ist deshalb gut, weil fiktive Teilnehmer beispielsweise nach Produkten fragen können. Dr. Besser Wisser im Chat: „Haben Sie auch Hörbücher?“ Der Sprecher eine halbe Minute später: „Ah, da ist eine Frage im Chat wegen der Hörbücher. Klar habe ich Hörbücher …“. Außerdem sehr gut in Webinaris: Es lassen sich Banner einblenden, die mit URLs verknüpft sind. Beispiel: „Jetzt Hörbuch runterladen“ oder Ähnliches. Oder auch, so mache ich es, verschiedene Banner zur Info: Banner 1 (05:00:00– 05:00:07): „Sie sehen eine Aufzeichnung.“ Banner 2 (05:00:07–05:00:14): „Bitte schreiben Sie trotzdem Ihre Fragen in den Chat!“ Banner 3 (05:00:14–05:00:21): „Ihre Fragen erreichen Thilo Baum automatisch per E-Mail.“ Und das stimmt sogar – eine wundervolle Funktionalität in Webinaris, die es erlaubt, in direktem Kontakt Kunden zu gewinnen.
  • Die E-Mail-Adressen der Teilnehmer sammele ich in Klick-tipp. Das ist kein listengeführter Autoresonder, sondern er arbeitet mit Tags. Alle Adressen sind in einem Topf und lassen sich filtern: nach Webinarinteressenten, Webinarkennern, Produktkäufern und mehr.

Schließlich baue ich ebenfalls in Webinaris die Landingpage fürs Webinar. Auf die URL zu dieser Landpage verweise ich später in meiner Facebook-Werbung. In Webinaris lässt sich der Double-opt-in-Prozess bauen, und Ihr könnt dort ebenfalls Follow-up-E-Mails formulieren. Wer das Webinar ganz gesehen hat (das erkennt Webinaris), bekommt eine Zusammenfassung; wer abgebrochen hat, bekommt eine Nachricht Marke „Ist wohl was dazwischen-gekommen, aber suchen Sie sich doch einen neuen Termin raus“. Und wer trotz Anmeldung nicht teilgenommen hat, bekommt noch mal eine Einladung. Da sich Klick-tipp mit Webinaris verbinden lässt (oder auch Mailchimp und andere Autoresponder), landen die E-Mail-Adressen der Teilnehmer automatisch getaggt in meinem Verteiler. Wer hat wann welches Webinar gesehen, hat abgebrochen, hat das Hörbuch gekauft? So lässt sich später gezielt E-Mail-Werbung machen.

Fazit: Wer Content zu vermitteln hat, der sich visualisieren lässt – für den ist der Schnitt zwischen Kamerabild und Screen (Präsentation) ein tolles Mittel. Und dazu sind weder ein eigenes Produktionsteam, noch große Summen Geld notwendig.

Übrigens: Bei der Winter Conference demonstriere ich das Konzept – am 2.3. um 11.15 Uhr.